Ideen

Auf der Sonderseite der Times stehen ein paar Ideen für das Jahr 2017, von denen mir eine ins Blickfeld kommt: „Verändere dein Aussehen drastisch!“ Mein Hinsehen ist zwar beim Blättern eher ein flüchtiger Zufall, und bin doch erstaunt, wieviel Gewalt sich hinter scheinbar harmlosen Wort-Erscheinungen verbergen kann. Verändere dein Aussehen drastisch! Ein toller Tipp fürs neue Jahr. Ein Vorschlag, der reinhaut: gib doch zu, dass du langweilig aussiehst! Das reicht doch nicht! Da muss was Drastisches passieren! Das ist die Advertisement-und Ratgeber Kaste, wo Frauen und Männer lernen können, was alles erreicht werden kann an Entfernung zu sich selbst. Du musst doch nicht sein, wer du bist!“ Musst nicht aussehen, wie du aussiehst! Musst nicht bleiben, wer du dachtest, wer sagt denn sowas! Sei einfach jemand anderes als du, das geht doch! Die Materie formt den Menschen (man erinnere sich: aus Lende wird Frau), oder, wie herum war es nun wieder genau!?

Ravi Kant, der auch abends die große, religiöse Zeremonie zur Dämmerstunde leitet, formt seinen 6-jährigen Sohn. Ich erhalte zum neuen Jahr über WhatsApp eine neue CD Produktion von ihm, diesmal mit seinem Sohn, der darauf  Mantras singt, damit Kinder schon ganz früh Mantras lernen und singen können. Das Kind wird hier und da an heiliger Stätte gefilmt, betend, Rituale durchführend, hochgestyled im Brahmanenoutfit, mit dem Zeichen von Vischnu auf der Stirn. Eine neue Schar von Auserwählten wächst heran, die die Idee des geistigen Erbes von Indien fest im Griff haben. Da fallen manchmal die Welten schon sehr weit auseinander und ich weiß, es ist müßig, Ravi in diesem Moment als modernen Menschen zu betrachten. Er gehört zu der Halbgott-Kaste, und die tiefe Schwere dieses Blutes rinnt schon in den Adern des kleinen, pummeligen Bengels. Wer gibt schon gern freiwillig seinen Thron ab? Das Herrscher Szepter!? Die Chapatti-Holzrolle, oder die Rolle des am besten Überlebenden unter den Junkies? Und wenn alles nichts hilft: verändere dich einfach drastisch! Am drastischsten ist das Nichts. Nichts geschieht. Wenn man da auftaucht und Luft holt, geht’s einem ziemlich gut. Es braucht eben den eigenen Zugang.


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