Ex oriente lux

Seit all die Ferienbummler, die in mir unvorstellbaren Familiengruppierungen einige Tage lang durch den Bazaar und am See entlang navigierten, wieder abgereist sind, kann ich tatsächlich spüren: wir sind wieder „unter uns“. Eine Entschleunigung setzt ein. Das wirft das atmosphärische Gefühl vielleicht ein paar hundert Jahre zurück, doch man kann wieder sehen, wo auch immer man hinschaut, wie doch alles in allem enthalten ist. Manchmal fürchte ich mich fast vor bestimmten Morgenden, wo sich mir selbst im Vogelmist noch ein Götterprofil aufdrängt, ganz zu schweigen, wenn der Blick entlangreist an den uralten Mauern, wo sich vor und durch meine Augen durchatmete Welten bilden, die einfach vorüberziehen wie Karawanen, und nichts vom Feinsten auslassen. Und nun wieder die unaufdringlich Badenden, ohne Selfie-Sticks und ohne gequälte Lachsalven, die dem neuen, digitalen Leben abgerungen werden müssen, damit klar wird, dass man dazu gehört. Frauen, die gelernt haben, die Smartphones der Männer und Brüder sorgfältig zu schützen vor jedem Wassertröpfchen, damit dem outgesourceten Teil nichts zustößt. Der Bazaar kommt auch wieder zur Ruhe, war eh kein Business wegen der Demonetisierung, wie die Dämonische Idee hier genannt wird. Es wird wieder zeitgemäß Chai getrunken. Gegen 11 Uhr vormittags isst man schnell was zwischendurch, am besten von OmJi, der die besten Pakoras macht mit super leckerer Soße aus Pfefferminzblättern. In einem entschleunigten Rhythmus kann jeder zu sich kommen. Gut!, flippt halt mal einer aus, das wird schon wieder. Und tatsächlich, oft ist es wieder geworden, und die irre Gewordenen können frei ihre Wege wählen, solange sie nicht gewalttätig werden. Die gelassene Stimmung macht Laune. Nach der Runde am See etwas Gemüse kaufen am Stand, wo ich immer die gelesenen Zeitungen abliefere für Gemüse-Tüten. Alle Menschen in Indien haben einen scharfen Blick und sehen vieles, was einem leicht entgehen kann. Läuft alles gut, dann kann man sicher sein, dass man nicht beschissen wird. Das freut einen dann doch, und man tut nur noch so, als würde man das Wechselgeld flüchtig nachzählen, denn das gehört ja auch dazu. Schließlich hat sich hier jemand überwunden, ist über einen Schatten gesprungen. Wenn nicht so viele durchlatschen, ist es so erfrischend wie ein Wellness-Center. Da ich noch nie in einem war, könnte ich mir auch vorstellen, dass ein anregender Gang durchs Städtle sogar wesentlich aufbauender sein kann. Ex oriente lux! Das Licht kommt aus dem Orient! Seine Morgende! Seine Bazaare! Und seine Zwiebeltürme! Seine Tempel! Seine Kostüme….Turbane und Gewänder! Seine honigschweren Süßigkeiten….und so vieles mehr.


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