Jürg Federspiel

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 Paracelsus

Nichts ist giftig. Alles ist giftig. Es käme
auf die Dosierung an, sagt Paracelsus, der Meister.
Nichts ist töricht und nichts ganz gescheit.
Es kommt auf die Zeit an, da etwas vollbracht
oder zur nämlichen Unzeit verbrochen wird.
Fragt sich bloß, welches Büro dies beurteilt.
Nichts ist göttlich. Nichts ist bloß teuflisch:
Stets fragt’s sich, in welcher Küche die Engel
der Feuerwehr angestellt sind, und von wem.
Der Tod ist nicht lustig. Der Tod ist nicht traurig.
Es kommt darauf an, wer zurückbleibt, wer geht.
Kein Apfel ist faul, keine Birne und Pflaume:
auch Bienen mögen ihr Leben, das kurze.

Keine Liebe ist wirklich, und auch nicht der Hass,
wenn der Hassende die Liebe verkauft und der
Liebende Verhasstes vergessen hat: Keinen Tag
lebt zuviel man, auch keine Stunde zuwenig.
Es kommt darauf an, Geliebter, Geliebte:
Der Glanz einer Kerze ist so lang wie der Docht,
der erlischt und erstickt im wächsernen Leib.

Nichts ist tödlich. Es ist alles lebendig,
erkannte der Meister, als die Nacht in ihm aufstieg.


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