erlebbar

Niemand ahnt, weil es nicht geahnt werden kann, was Menschen innerlich erleben, wenn sie (z.B.) etwas anfertigen, ich also zum Beispiel dieses Bild. Die Fläche, auf der ich seit einer ganzen Weile schon meine Bilder pinsle, ist 15cm mal 15cm groß, was zu von mir so empfundenem Luxus führt, dass auf meinem Schreibtisch außer dem Computer auch noch mein Mini-Atelier Platz hat. Unzählige mögliche Arten, 15cm im Quadrat zu sprengen, sind mir schon begegnet, und immer wieder mal gelingt es, den Raum zumindest als eine Weite ahnbar zu machen, das ist alles. Durch was wird Weite möglich? Es muss etwas durch die Leere ziehen, Formen, Objekte, wesenhaftes Dingsda, das wie von selbst erscheinen kann, eben, um Raum spürbar zu machen, denn wäre da nichts, wäre der alles tragende Raum nicht wahrnehmbar. Auch steht eine sich formierende Idee über das sich Gebärende gerne im Wege, denn da, wo man etwas zu erkennen meint, ist nicht immer das, was man weiterführen möchte oder kann. Inmitten der Navigation im Ungewissen muss ich an einem bestimmten Punkt doch ziemlich präzise wissen, wo es hingeht. Und es muss ein bestimmter Grad von Akzeptanz entstehen über das, was sich über die Hand hier geistig formieren möchte mit dem Instrument der Umsetzung. Eigentlich bin ich, soviel ich weiß, eine der letzten Überlebenden des Systems „Rapidograph“ und habe über viele Jahre hinweg keine Mühe gescheut, die delikaten Wesen am Leben zu halten, denn wenn man sie vertrocknen lässt, was vielen Architekten vertraut war und vielleicht noch ist, dann geben sie keine Lebenszeichen mehr von sich, ein lebendiges Klicken, das allerdings nur verbleibt, wenn man sie täglich in Gebrauch nimmt. So kannte ich vor allem die Rapidographen-Zeichnung und das Schreiben mit dem selben Stift, dem man eine gewissen Erotik zuschrieb, da er mit der Zeit immer beweglicher wurde, was vielleicht alle guten Schreibwerkzeuge an sich haben. Und noch kenne ich niemanden, der gerne einen Stift von einem haben möchte, um irgendwas niederzu kritzeln. Da muss schon ein Maß von freundschaftlichem Vertrauen aufgebaut worden sein, und selbst dann. Nun gut, dann erbte ich die beiden Malkästen, nicht ahnend, welchen anregenden Torturen ich ausgesetzt werden würde, denn ja, eine gewisse Großzügigkeit den eigenen Schöpfungserzeugnissen gegenüber muss natürlich existieren, aber trotzdem gilt auch hier, dass es immer um alles geht oder auch um nichts, oder um das All oder das Nichts, oder beides. Nun habe ich mich durch die Malkastenfarbenpalette hindurchpraktiziert und weiß nun, wenn ich Farben hinzufügen möchte, nach was ich Ausschau halte. Denn die Überwältigung vor der riesigen Auswahl ist vorprogrammiert, und verblüfft hört man an der Kasse die praktische Summe des Ergatterten, und wahrlich, es ist immer mehr, als man denkt. Zum Glück ist neben dem berauschenden (Kunstzubehör)- Laden ein Café, in dem man sich erholen kann oder vielmehr mit liebevollen Blicken in die Tüte schauen, wo der Preis nicht nur mehr als gerechtfertigt vor einem liegt, sondern auch noch tiefe, standhafte Freude entlädt. Zwei dieser Farben sind oben im Bild. Millimeterweise habe ich sie mit dem dünnsten Pinsel aneinander gesetzt, das tiefe Violett mit dem hinreißenden Goldgrün, bis die Spannung fast unerträglich wurde. Eben nicht zu wissen, wie es weitergeht und ob gelingt, was keiner Idee entspringt, und wodurch, und welchen geheimnisvollen Quellen entspringen diese Ordnungen alle, die das Ganze erlebbar machen.

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