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Eigentlich finde ich den Gedanken ganz angenehm, dass mich langsam (aber sicher) eine deutlich erkennbare Meinungsmüdigkeit überkommen könnte, natürlich (auch) in Bezug auf meine eigenen Meinungsgebilde. Gerne wiegt man sich im Denken, man hätte sie, die Meinungen, einigermaßen im Griff, da merkt man, dass sie doch überall lauern. Günstige Bedingungen, sie nicht immer loswerden zu wollen, sind etwa ein Single Haushalt oder eine Atmosphäre, in der man merken darf, dass zuweilen das Gesagte nicht unbedingt fundiert ist, nicht, dass die Fundamente des Denkens betoniert werden sollten, um Himmels Willen. So ziemlich alles Lebendige braucht Luft zum Atmen, und Raum, in den hinein sich etawas entwickeln kann, was zumindest für einen selbst noch nie da war. Und natürlich gibt es eine extra Loge für den Small Talk, denn ohne ihn gäbe es nicht dieses emsige Summen und Brummen, das einem durchaus manchmal sogar ersparen kann, den eigenen Senf dazuzugeben, denn schön kann sie sein, die Stille inmitten der summenden Emsigkeit, beides gleichermaßen abhängig von einander. Nun haben wir (die Weltbevölkernden), über viele verschiedene Wege gelernt, dass alles Gewusste blitzschnell zu uns dringen kann, und auf einmal geht der Schlüssel zum Tor inmitten der Überforderung verloren, und herein strömt das gänzlich Ungefilterte und will verdaut und eingeordnet werden. Und so vieles kann man mehr oder weniger verstehen. (Was ist das: verstehen!?) Ich habe mir die „QuerdenkerInnen“-Demo in Berlin angeschaut, und wie ein Befragter völlig begeistert war von der Tatsache, dass sie alle  spontan zusammengekommen waren, um nun weiterhin über die Corona Maßnahmen zu demonstrieren, bzw. zu polzern oder ihren Unmut kund zu tun. Diese Gruppe ist auch bereits gestempelt, und gerne möchte man kurz den Querdenkerbalken lüften und erfahren, was sie wirklich denken, oder möchte man das gar nicht. Ab und zu fühle ich mich genötigt, das Wörtchen „man“, für das ich mich einmal locker entschieden hatte, mit dem „ich“ zu ersetzen, ohne dass ich mir durch penetrantes Ichen im Wege stehen muss. Nun ist das Corona-Epos einerseits ein Drama der Weltenarena, andrerseits kann es nah an die Haustüre kommen, oder hereinkommen in die persönlichen Wohnbereiche, wo kranke oder sterbende Menschen nebst einer geistigen Einstellung  bestimmte Handlungsweisen erfordern, die wiederum von komplexen Zusammenhängen bestimmt werden. Immer mal wieder scheint es mir ratsam zu bedenken, über was ich mir eine Meinung bilden möchte, wissend, dass sie oft gar nicht dringend gebraucht wird oder wenig verlässliche Information in sich trägt, was wohl einst den Begriff „small talk“, also „kleines Gerede“ hervorgebracht hat. Natürlich liegt in dem Wort „meinen“ bereits die Tatsache, dass das Gesagte, das aus meinem Mund kommt, erst einmal mir gehört, denn es trägt ja niemand sonst dafür die volle Verantwortung. Auch kann man (z.B.) der allgegenwärtigen Frage, wie es einem oder einem anderen wohl geht, kaum ausweichen, will man nicht wirklich verstehen, wie es einem anderen wohl geht. Das ist ja zeitaufwendig und kann nicht stets geleistet werden. Was geleistet werden kann ist, selber zu entscheiden, wo man sich Meinungen bilden möchte und wo nicht. Auch wenn man lernen muss zu erkennen, wo man es (das Meinungsbilden) freiwillig und mühelos lassen kann.

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