anblicken

Ich weiß ja nicht, und kann es gar nicht wissen, wie viele Menschen die Erfahrung kennen, auf einmal irgendwo hinzustarren, wo etwas, was eigentlich gar nicht sein kann, doch da ist. Ein griechisches Profil in einer Bettlakenfalte, ein einprägsames Antlitz, das einen vom Brotbelag her anblickt, sodass man nicht mehr zubeißen könnte, hätte man der Form einen Namen gegeben. Ganz zu schweigen von bestimmten Tagen, sch(m)erzhaft von mir die SeherInnentage genannt, wo entweder dichte Wolken über den Himmel ziehen, in denen turbulente Welten sich abspielen, die noch nie ein Mensch zuvor gesehen hat und auch nie sehen wird. Oder die bis ins Mark erschütternden Monsoonwände, auf denen das Sehen zur Schweigepflicht wird. Man will ja nicht Märchentante sein, obwohl es z.B. in Indien seherisch kaum Grenzen gibt , das kann auch geistig zu befreienden Momenten und bestenfalls zu befreiendem Lachen führen. Irgendwann wird einem auch klar, dass jeder harmlos auf das Gesehene gestreckte Finger nicht bedeutet, dass man gemeinsam in den Wolken oder auf Wänden (z.B.) Sokrates und Vergil in neuer Komposition auf einem Streitwagen durch die Weltmeere navigieren sieht, nein, denn jeder sieht, was er oder sie will, oder muss oder kann, und auch die Quantenphysik hat nicht geholfen, das Bewusstsein auf die Qualität der gedanklichen Substanz zu befördern, oder zumindest ein Interesse am eigenen Wahrnehmungsvorgang zu entwickeln. Und klar, wieweit ein zerknülltes Papier einen Geist anregen kann, steht nicht in den Sternen geschrieben, und auch die Sternenschrift ist ein Produkt der Vorstellungskraft. So schien mir das Symbol der Zerknüllung gut geeignet, den bereits als historisch deklarierten Augenblick meinerseits zu dokumentieren, in dem Angela Merkel den als gefährlich erfassten Kipp-Vorgang des Corona Prozesses noch einmal auffangen konnte mit ihren hohen diplomatischen und menschlichen Fähigkeiten. Das wird zumindest bei allem entstandem Schaden einen Moment überdauern, bevor die Notlage vermutlich weiter eskaliert. Das so gerne als vertrauensselig Empfundene wird erschüttert, dabei führt es doch geradewegs zur eigenen, persönlichen Einschätzung, ohne die alles wie ein von Anderen abgekartetes Spiel  erscheinen muss, in das man widerstrebend verstrickt wird. Wird  man ja auch teilweise, Hauptsache, man kann es weiterhin für sich einordnen und marschiert nicht irgendwo mit in Gruppen, die man für Gleichgesinnte hält. Vielleicht muss man bald doch eine Weile den inneren Projektor abstellen, oder sich mit erhöhter Aufmerksamkeit um d i e Art der Programme kümmern, die man sich zumuten möchte. Schließlich sind nicht nur die Lebendigen unterwegs, sondern auch die Toten, und auch bei ihnen muss man sich entscheiden, an wen man sich wendet. Kann sein, dass das in Zeiten, in denen massiv getextet wird, noch wesentlicher wird. Eben das Wesen selbst, mit dem man sich verbindet oder verbunden fühlt.

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