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Irgendwann einmal waren wir zu zweit unterwegs und landeten, aus welchen Gründen auch immer, vor dem Kölner Dom. Irgendwas wichtiges Kirchliches war da im Gange, und eine große Menge der Gläubigen, wie man sie halt gerne (genderfrei) nennt, strömte vom Inneren der Kirche hinaus auf den Vorplatz. ‚Dort‘, wurde mir noch rechtzeitig vermittelt, denn auch wir hielten inne und schauten, ‚das ist Kardinal Wölki‘. In dem Wunsch, etwas aufzunehmen, was mir bis dato unbekannt war, streifte mein Blick über die aufwendigen Gewänder, Wölki in so einem Dress mit schöner Spitzenarbeit, neben ihm noch ein Kardinal in schwarzer Kluft, beide mit Kardinalshüten auf und  ganz offensichtlich eingestimmt, den ausharrenden  Schäfchen wohlwollend entgegen zu treten. Zu unserem Staunen näherte sich uns Kardinal Wölki auch und schüttelte freundlich nickend unsere Hände, das muss vor Corona gewesen sein, alle trugen noch die ganz normale Maske des üblichen Spiels. Natürlich taucht dieses Anekdötchen auf, weil Rainer Maria Woelki, dessen Namen ich gerade nach dem Nachschauen korrigieren muss, gerade durch ein ziemlich bewölktes Schicksal wandert. In den Nachrichten meinte jemand in Bezug auf den sich häufenden Kirchenaustritt der Herde: ausgerechnet jetzt, wo doch die Menschen so viel Unterstützung von seitens der kirchlichen Einrichtungen bräuchten.  Ist das wirklich, was die Menschen bräuchten? Eine weitere, irrlichternde Quelle, Glauben genannt? Und wer kann ihn wirklich infrage stellen, den Glauben, und sicherlich war der Spruch aus dem Volksmund ‚wer’s glaubt, wird selig‘  mal ernst gemeint. Man hält sich für schlicht und tut nicht so, als wüsste man alles selber, sondern glaubt eben an all die Mächte, die irgendwo ein Anderer hat, der es besser weiß oder zumindest besser wissen müsste. Das hellhörig nach oben Strebende hat durchaus eine gute Wirkung, es vergrößert das Volumen der Beziehungsmöglichkeiten, kein Zweifel. In Indien brauchte man den Olymp gar nicht verlassen, denn die Götter bewohnten schlicht und einfach alles von Himmeln und Tempeln bis hinunter zur Seife. Ziemlich jeder Missbrauch ist noch getränkt davon, geistig untermauert, grenzenlos offenbart. Der Glaube ist keine Tugend, er ist eine Heimsuchung. Und es kann sehr lange dauern, bis man von sich sagen kann, dass man aus dem Dunstkreis der Glaubenssphäre getreten ist. Immer wieder glaubt man, etwas gewusst zu haben, was man gar nicht wissen kann. Man kann ja nur wissen, was man und wie man es selbst erlebt, und da kann man dann frohgemut wissen wollen, denn wer soll sonst wissen wollen, wer man ist. Wissen wollen vielleicht schon, aber was sag ich dann, wenn mich jemand was fragt, was mich angeht? Klar, wenn ich ein gläubiger Mensch bin, vertrete ich meinen Glauben, das kann wahrscheinlich die drohende Überflutung etwas eindämmen, kann mich auf andere Ebenen transportieren, wo so ziemlich alles Schillernde möglich ist, was Menschen gerne beauftragen möchten an höhere Wesen , damit sie selbst nicht durch dringen müssen durch das Dickicht der Verblendung. Das ist doch Verblendung, dieser Kardinal mit seiner albernen Spitzenrobe.

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