auf – und einbrechen

Nach langer Zeit ist das höchst wertgeschätzte Buch von Jiddu Krishnamurti ‚Einbruch in die Freiheit‘ wieder bei uns aufgeataucht. Da liegt es herum und kommt einem vertraut vor. Eigentlich dachte ich es heißt ‚Aufbruch in die Freiheit‘, aber nein, Einbruch, obwohl ich Aufbruch besser finde als Einbruch. Wie soll man denn in die Freiheit einbrechen. Außerdem waren seine Reden in Englisch, wieder einmal eine Übersetzungs-Bredouille. Aber wenn der Name ‚Krishnamurti‘ auftaucht, taucht für mich vor allem ein Teil seiner Geschichte auf, die diesen Titel eigentlich in ganzer Höhe und Tiefe dokumentiert. Denn, es ist noch gar nicht so lange her, wurde Krishnamurti in Indien von Mitgliedern der Theosophischen Gesellschaft als zukünftiger Weltlehrer ausgerufen. Man hatte das alles jahrelang in esoterischem Milieu präzise vorbereitet, und der Tag kam, die ganze Gesellschaft war versammelt. Da trat Krishnamurti, der alle spirituellen Kriterien erfüllt hatte, ans Mikrofon und erklärte, dass er das, nämlich der Weltlehrer, nicht sei, und alle mögen bitte nach Hause gehen, das Spiel sozusagen beendet. So viel ich weiß, ist er der Einzige geblieben, der zu solch einem Kraftakt fähig war. Am Wochenende hatten wir eine Gästin, die uns davon erzählte, wie sie kurz vor ihrer Hochzeit, als die Einladungskarten schon draußen waren, von ihrem zukünftigen Mann wegen einem der üblichen Klackse, die auf Tieferes hinweisen, gegen die Wand gedrückt worden und verstand, dass das für sie nicht akzeptabel war, und löste die Heirat wieder auf. Das ist natürlich nicht des Rätsels Lösung, aber hier geht es um die Erkenntnis, dass man sich auch ein vorhersehbares Unheil ersparen kann. Krishnamurti wurde trotzdem Lehrer, für etwas anderes war er wenig geeignet. Und weil er ziemlich belichtet und gut durchgearbeitet war, kam ihm das, was er sprach, einfach vor, aber die meisten seiner SchülerInnen verstanden ihn nicht, was zu weiteren Reflektionen führen könnte, wollte man den Faden dort aufnehmen. Bemerkenswert an der Anekdote ist, dass Krishnamurti offensichtlich eine Wahl hatte. Der ganze Zirkus muss ihn schon lange vorher beunruhigt haben, nämlich, dass Menschen über ihn verfügten, die ihre eigenen Ziele hatten. Denen war es wichtig, einen anbetungswürdigen Halbgott zu erschaffen, dessen sie sich bedienen konnten, um ihre Botschaften in die Welt zu tragen. Da man ihm ständig eingetrichtert hatte, dass er der große Weltlehrer sei, muss ihm irgendwann aufgefallen sein, dass er das gar nicht so sah, obwohl er den Anspruch locker hätte erfüllen können.Viele Menschen nach etwas oder jemanden, der es besser weiß. Und ja, immer wieder meldet sich jemand für den Posten, dann ist versichert, dass zumindest eine kleine Weile, einen hartnäckigen Husten lang, niemand merkt, dass die Ausgewählten es auch häufig nicht wissen, sondern nur eine Menge Behauptungen aufstellen, die kompatibel erscheinen mit ihren Plänen. Unseren Plänen, denn wir behaupten ja auch. Wo befindet sich überhaupt diese Freiheit, zu der man aufbrechen oder in die man einbrechen kann? Und hey!, sagte der Mentor von den beiden Republikanern Josh Hawley und Ted Cruz, was macht ihr denn da, ihr wisst es doch besser, dass das, was ihr da tut, nicht akzeptabel ist. Vernichtet liegt sie da, die akademische Intelligenz, wenn es ihr so leicht fällt, sich zu verkaufen. Ob es wohl in Hitler so einen Moment gab, wo ihm das Ausmaß seines Hasses klar wurde, bevor er ihn auf das jüdische Volk losließ. Oder Oppenheimer, als er selbst höchstpersönlichen den ‚Little Boy‘ vorsichtig hinten in den Wagen packte, damit die Atombombe, an der er mit seiner Genialität mitgebastelt hatte, nicht noch ihn selbst verschlang. Nein, es sind die Anderen, die herhalten müssen, damit einer sich rächen kann am Unvergebenen, oder aber nicht anders kann, als auf den vermeintlich hochverdienten Orgasmus hinzusteuern, der, wie wir wissen, viel Weiteres nach sich ziehen kann.


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