befangen

Geht es nicht auch gerade darum, sich von Befangenheiten zu lösen, beziehungsweise die Befangenheit überhaupt einmal wahrzunehmen. Befangen ist nochmal anders als gefangen. Im Befangensein hemmt mich etwas in mir selbst und hindert mich an…ja an was… an einem Wohlgefühl, das man hier zu vermissen beginnt. Man kann das zur Zeit erleben, wenn man zum Beispiel einen Laden betritt, wo man einfach mal so herumschauen möchte, ob nicht doch der vollkommene Sommerschuh magisch im Regal steht und wie angegossen passt, aber eigentlich hat man schon zwei passable Paare zu Hause und Vollkommenheit ist auf keiner Ebene in Sicht. Da fühlt man sich, oder ich mich gestern dort, als wir wie zufällig das Schuhzentrum betraten direkt neben dem Windschutzscheibenhersteller, wegen dem wir dort waren, da fühlte ich mich befangen mit der Maske und holte mir immer mal wieder etwas Luft, bis ich merkte, dass ich hier nichts zu suchen hatte, denn mir fehlte ja nichts außer der mundschutzfreien Luft. Auch das Wort „Schaufenserbummeln“ dürfte in vielen Sprachen fehlen oder das Ladendurchschlendern auf der Suche nach etwas, was man noch nicht hat, aber potentiell haben könnte. Nun darf man, muss aber nicht, gespannt sein, ob die Mehrwertssteuerreduktiönchen tatsächlich in den entschwundenen KäuferInnen einen Gong erklingen lassen und das Volk von dannen eilt, um große Dinge zu kaufen, damit das erschlaffte Wirtschaftsrad wieder in Schwung kommt. Das kann man einen Mehrwertslockvogel nennen, der eine versteckte Drohung enthält, die entweder das Volk oder aber die Regierung in Bredouillen schicken wird. Nämlich dann, wenn es anders kommt als man denkt. An dieser Stelle ein Seitenlob an die Volkssprüche, die ihrem Schlückchen Wahrheit getreu geblieben sind und eine gewisse Unsterblichkeit erlangt haben, die natürlich  immer mal wieder durchkreuzt werden muss durch den angebrachten Widerspruch. Es kommt eben nicht immer anders, als man denkt, sondern man kann ebenfalls beobachten dass, je klarer man denkt, sich das Denken irgendwann in Schauen verwandeln lässt, das muss gar nicht weiter auffallen, weswegen man es auch unter die stillen Revolutionen zählt. Aber zurück zu den Befangenheiten. Unbefangen sein ist ja auch nicht immer die Lösung für gut gelingende Kommunikation, oder ist sie es doch? Zumindest fällt es dem oder der Unbefangenen leichter, Verbindung herzustellen, ohne dass es als Leistung wahrgenommen wird. Nur der Befangene leistet den Umgang mit seinem oder ihrem Zustand. So ist es nicht wirklich die Maske, die mir den Atem raubt, sondern sie macht mich nur aufmerksam auf die Freudlosigkeit meines Unterfangens, das dadurch getrübt wird. Und was das Fensterbummeln angeht, so fing das in Indien zum Beispiel erst an, seit es vor den Läden Fenster gibt, obwohl es ein fensterloses im Bazaarherumbummeln natürlich auch schon gab, solange es Bazaare gibt. Der Frust langweiliger Existenzen ist der Hauptantrieb, den man durch endlose Angebote übertünchen kann, denn wer kauft, tut was für sich, auch wenn es meist nur kurze Befriedigungsorgasmen auslöst. Daher wird nun eher mit Wohnzimmerausrüstungen, neuen Autos oder Waschmaschinen gelockt, aber noch weiß niemand, ob die simmernde Glut enthemmter Kauflust wieder entfacht werden kann, oder ab welchem Punkt man mit der Asche (und dann erst mit dem Phoenix) rechnen muss, oder wo die Rechnung eben nicht aufgeht, dafür aber neue Sternenheere und Galaxien sich zeigen, die noch nie zuvor ein Mensch gesehen hat, isn’t it?

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