schöpfen

Der kleine Kerl, den ich hier aus dem Gesamtbild herausgenommen habe, ist mehr oder weniger „zufällig“ entstanden. Irgendwo im Dunkel des Blaus habe ich diesen Ausdruck gesehen, den Körper dann anschließend dazu gestaltet. Wie gesagt, es ging gar nicht um ihn, sondern um das weibliche Gesicht, das nun Nebensache geworden ist. Nun ja, nicht wirklich Nebensache, da der Betrachter vermutlich die linke Gestalt sofort zu einem Kind machen würde, die rechte zur Mutter, die auf ein fernes Anderes ausgerichtet ist. Ich schaue hin, ich sehe das auch flüchtig, weiß aber (noch) nicht wirklich, was ich da selbst sehe, beziehungsweise fühle, denn Bilder vermitteln Gefühle, und wenn ich etwas ( ganz Bestimmtes?) fühle, erfreut es mich zutiefst. Ich käme auch nicht auf die Idee, es zu erzeugen, wie sollte das gehen? Manche Künstler können das, ich gehöre nicht zu ihnen. Auch ist die akademische Ausbildung nicht immer verlässlich für das, was daraus entsteht. Wenn beides zusammenkommt, kann es großartig sein, ist aber ziemlich selten. Es geht ja vor allem darum, durch das praktische Anwenden eines geschulten Instrumentes etwas Inneres nach außen zu transportieren, ob ich nun das Innere bewusst herauskristallisiere, um ihm genau die Form meiner Vorstellung zu verpassen, oder ob ich mich einlasse auf etwas, das erscheinen möchte, weil ich es sehe und es mich auf eine bestimmte Weise ergreift. Wenn mich nun jemand fragen oder um eine Beschreibung der kleinen Figur bitten würde, würde es mir schwer fallen, Worte zu finden, denn ich habe ja bereits auf einer direkten Ebene verstanden, um was es mir dabei geht, aber ja, w a s verstanden. Das ist wie mit einem Gedicht, das einen berühren kann ganz unvermutet. Manchmal unterwegs höre ich bei WDR5 (Skala?) ein Gedicht. Der Empfang hängt sehr von der Stimme ab, man kann hören, wenn jemand von etwas was versteht. Das kann Technik sein, das kann psychische Tiefe sein, im Dichter wie im Sprecher, das kann der eigene Zustand sein, Vorlieben, Desinteresse, Unkenntnis. Das heißt, alles muss erst einmal ansprechen, bevor es wahrgenommen werden kann, beziehungsweise muss es einen anfühlen. Ich erinnere mich, wie beglückend ich es empfunden habe, als das sorgenvolle Antlitz auf dem Bild oben einen Körper brauchte, und dass dann vor allem die Beine einen gewissen Halt verhießen, dem Ganzen eine eigenwillige Keckheit gaben, sodass es wohl einsam schien, aber auch innerlich gefestigt mit den Füßen stabil in der Weite des Abgrundes. Und natürlich, sobald man Worte gebraucht oder gebrauchen muss, um etwas verständlich zu machen, was anders nicht verstanden werden kann, wählt man auch immer die Worte aus dem eigenen Wortschatz, der wiederum aus der Geschichte entsteht, da gibt es kein Entrinnen. Und doch sind die Gedichte und  die Bilder, die aus der Quelle kommen, auch frei und sich selbst überlassen. Das kommt ja darauf an, wie unbegrenzt man die innere Weite bewohnen will, und ob es über das Vorstellbare hinausgehen möchte und kann. Klar bin ich beteiligt am Schöpfen, aber mir wird auch das zu mir kommende Geschöpfte zugemutet. Eben, es ist eine Zumutung.

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