human

Bei einem dieser fruchtbaren Fächeraufräumungsanfälle, die einem zuweilen zuteil werden,  ist mir das T-Shirt wieder in die Hände gefallen, das einen Winter lang der absolute Renner im indischen Dorf war. Es war für mich nicht zum Tragen gedacht, aber musste unbedingt her, da das unauffällig tiefe Thema, das dahinter steckte, auf vielen vorbeiwandernden Körpern zu sehen war, in allen Farben, in allen Größen, in allen verfügbaren Schriftzügen. Eine meiner ganz persönlichen Unterhaltungsprogramme war es, herauszufinden, wer das Shirt wegen der Bedeutung der Aufschrift trug. Die Inder nicht. Sie kaufen, weil ihnen das Design und die Farbe gefällt. Ich hätte mir die Erweiterung gewünscht, auf der anderen Seite die beiden Worte umzudrehen, also hier „human being“ zu sehen, den feinen Unterschied zwischen „Mensch“ (human being) und „being human“ (menschlich sein) herauszuholen, ohne dass es jemandem auffallen müsste, vielleicht ein T-Shirt, das man am Samstag anziehen kann und durch den Markt tragen, gemütlich mit der Essenz des Menschseins beschriftet. Es ist interessant zu bemerken, dass der Mensch nicht automatisch als menschlich wahrgenommen wird, so als müsste man das Label erst erringen und zu seinem potentiellen Wert steigern, oder auch nicht. Stattdessen zum Beispiel in ein Zenkloster stolpern und dort lange genug hängenbleiben, bis auch hier gravierende Vergänglichkeiten und menschlich sehr variables Charaktereigentum sich  zeigte, sodass man mit den wesentlichen Einstellungen zu sich zurückkehren muss. Wir sehen jetzt wie in einem Märchen, wie alle vorhandenen Götter des geheimnisvollen Universums, das zugleich an Schlichtheit kaum zu übertreffen ist, ihre hoffnungsgetränkten und von Segen erschöpften Hände über ihre menschlichen Schützlinge ausbreiten und ihnen  gut zureden. Ja, du schaffst das. Jeder, der oder die will, ist ausgestattet mit allem Nötigen, um zu sich selbst vorzudringen. Da herrscht in diesem ziemlich verborgenen, illustren Kreis eine solche Ebene der Logik und Gerechtigkeit, die sich ein human being kaum vorstellen kann. Alles wird dem Erdling zugemutet und zugestanden. Vom traum(a)tiefsten Schwarz bis zum geschichtsfreisten Hell liegt die Palette für jede/n bereit. Der Webstuhl. Das Spinnrad. Die Bühnenausstattung. Uns Lesern der „Zeit“ wurde auch ein neuer Beruf mitgeteilt, die „Roofers“. Das sind junge Leute, die auf hohen Dächern in möglichst gefährlicher Weise ihre Lebenslust austoben, und obwohl es bei ihnen eher um Lebensaktivierung geht, fällt regelmäßig einer von ihnen in den Abgrund, weil er sich beim Salto Mortale verschätzt hat. Es gibt auch Stämme, aus westlichen Ländern zusammengefügt, die in Indien neue Berufe vorstellen, meist mit Balanceakten verknüpft und manchmal des Staunens wert. Gestern hat sich hier bei uns eine Frau im Gespräch  und im Kontext von Immunsystempositionierung als „Pfützenbefürworterin“ beschrieben, auch ein schöner Begriff für eine Anekdote. Aber zum Beispiel „Befürworterin“ als Berufung könnte ich mir gut vorstellen, und es wäre in dem Wortfindungsamt, für das ich arbeite, relativ leicht integrierbar. Auch als „Worterin“ ließe sich arbeiten. Aber wer will schon ans Arbeiten denken. Die Großen Ferien und das Große Weltmeisterabschlussfinale sind angelaufen und, ob man will oder nicht, muss man sich umorientieren. Wohl dem, der nicht unter  Großem Genussdruck steht. HUHU! Es ist Samstag bei human beings!

Leave a Reply

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert