Wort/Bild

Durch das tägliche Zusammenfügen von Bild und Wort habe ich ein Gefühl entwickelt, wie für mich und meine Wahrnehmung die Welt zusammengefügt ist. Die Hervorkommnisse, die wir jeweils antreffen, scheinen  so solide und unverrückbar, aber, das wissen wir ja inzwischen, ist alles immer im Fluss und in der Verwandlung, Da die Entwicklungen zwar einschätzbar, aber nie gewiss sind, gibt es auch keine Gewissheit, auf die wir uns verlassen können, was Weltvorgänge und Menschen betrifft. Immer wieder weist die Nadel des Kompass auf uns selbst, eben dass die Verbindung mit uns selbst, und die innere Ruhe, die uns ermöglicht wird durch Erkenntnisse, die in der Welt angeboten werden auf der Basis von Erfahrungen, die uns einleuchten können (oder nicht). Dass eben diese Verbindung mit der höchstpersönlichen Erfahrung erst die Verbindung mit Anderen ermöglicht, da doch gewisse Ähnlichkeiten, denen man trauen kann, unter uns auftauchen, wenn auch die Wege oft sehr unterschiedlich erscheinen und sind.. Was ich an meinen Pinseleien oder auch den Abbildungen gelernt habe ist, dass in jedem Partikel, der sich vorwärts bewegt, die Leere und die Fülle gleichsam enthalten sind. Oft wehre ich dem Auftauchen von Gestalten und Gesichtern, denn jeder Tropfen kann sofort ein Auge sein, jeder Punkt das ganze Bild beherrschen. Will ich etwas genauer formen, oder nur bereit sein, das Erscheinende mit meinen Ordnungen zu begleiten, bis es mir ausgewogen erscheint und bereit, weiter zu ziehen, bis ich von mir selbst mein Sehen lerne? Diese Welt der fließenden Partikel ist vor allem in Indien mein wahrer Genuss. Nicht, dass ich es in tieferen Gesprächen wirklich teilen kann durch das Wort, aber es ist das direkte Drinsein im Strom des Geschehens, ohne verloren zu gehen, nein, eher erheitert durch die gleichzeitige Distanz und die freudige Teilnahme. Immer wieder zögere ich, wegen dem Ausmaß des Leides, das allgegenwärtig ist, es ein Spiel zu nennen, aber es ist ein großes Spiel, ja, das nur aus sich selbst heraus weiß, was auf dem Spiel steht. Alles formt sich gleichzeitig, und jede/r Anwesende sucht die Wege und Mittel, sein eigenes Drama zu gestalten oder als Schicksal anzunehmen und dem eigenen Sein entsprechend damit umzugehen. Darin liegt die immense Freiheit, die dem Menschen gewährt ist, ob er oder sie es so sieht oder nicht: die Möglichkeit, das Jeweilige so zu gestalten, wie es für das eigene Leben tragbar ist. Jede/r kann heraustreten aus dem scheinbaren Zwang der Geschichte, und immer wieder gibt es Beispiele, die uns Achtung einflößen vor der vorhandenen Kraft, zu der ein Mensch Zugang sucht und auch findet. Gestern hat eine Frau, die weder lesen noch schreiben kann, sich vor Gericht gegen das von ihrem Ehemann telefonisch 3x gesprochene „talaq“ gewehrt, das eine sofortige Trennung bedeutet. Sie wollte nicht weiterhin mit ihm leben, sondern sich gegen die Ungeheurlichkeit des Vorgangs wehren. Im Strom des Daseins gibt es ständig die Möglichkeit, die eigene Linie beizubehalten und darauf zu achten, dass sie nicht verloren geht.

Leave a Reply

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert