Hohelied

So! Jetzt sind sie wieder da! Die „Großen Ferien“! Ich wünsche allen 20 Millionen Urlaubsreisenden (allein nach Mallorca?) viel von all dem, was gebraucht wird im unnachgiebigen Zusammenrücken zwischen Stau und Badestrand, wieder strengeren Kontrollen am Brenner und was man nicht alles mit halbem Ohr hört wegen den notwendigen Graden des Unbeteiligtseins. Aber Wirkung des Geschehens, wir erinnern uns an den Wimpernschlag, der eine Tsunamiwelle auslösen kann, ist man auch nicht immer, denn wenn ich zum Beispiel als leidenschaftliche Landpomeranzin in die Stadt fahre, um mich dort mal ungestört umzuschauen, mache ich das meist in den Großen Ferien. Es gibt Parkplätze und man sieht auch mal etwas, was man sich aneignen möchte und es auch tut. Wahrscheinlich sind bis heute Mittag eh schon fast alle, die können, weg, weil ich mal gehört habe, dass man fast überall ab Samstagmittag buchen muss in den anarchischen Welten der Touristenbewegung, bis sich vielleicht eine Gegenbewegung aus den besuchten Völkern anbahnt, die als Botschaft an weitere Generationen ihr Erkennen, dass keine massive Aufstockung der Finanzen alles rechtfertigen kann, weitergibt. Ja, wo ist denn mein Land, wo meine Leute…wann war das, als noch nicht alles verbaut und verstellt war und es noch Trinkwasser gab für die Einheimischen? Ich wünsche also vor allem den Leuten auf und aus Mallorca (und Indonesien usw) alles Gute und wenig Schaden für ihren Einsatz, sich gegen das Unerträgliche zu wehren und selbst Klarheit darüber zu erlangen, wie es einmal gemeint gewesen hätte sein können, bevor es ausartete. Aber zurück zu heute, denn, wie ich unterwegs zu schnellem Einkauf vernehme, ist nicht nur Straßenverstopfung im Gange, sondern Kardinal Meisner, bzw seine stattliche Hülle, wird von irgendwo hergebracht und im Dom zur letzten Ruhe gebettet. Was heißt hier Ruhe? Kardinal Wölki sagt  im Autoradio auf dem Dauerbrenner WDR5, jaaa, bei allem, was so auch war, denn er war ja jahrelang …Sekretär? bei Meisner und sie kannten sich gut, ja, da gab’s schon dies und jenes, und der Kardinal kannte ja seine Schwächen, behauptet Wölki, war aber, wie er, Wölki selbst, ein unverbesserlicher Optimist in Richtung „ewiges Leben“, denn wer will schon nur Asche sein im Wind, nein, das will man doch nicht! Alles vergeht einmal, erzählt Wölki, selbst der Grabstein verwittert, aber die Seele!!!, nein!!!!, die geht in den Himmel zum Herrn, wo Meisner jetzt wahrscheinlich schon ist und mit der gebührenden Gelassenheit  auf das hektische Ausmaß seiner Trauerfeier blickt. Er hatte immer so ein kleines Kästchen bei sich, höre ich vom noch lebenden Kardinal, das nannte er scherzhaft seine „Bundeslade“, da waren so Orden drin, wichtiges Zeug, mit dem der Mensch Meisner vielleicht hoffte, sich als fluide Seele im Oben ausweisen zu können, denn ja, er war strittig, aber es gab wohl auch einige, die ihn mochten. Kardinal Wölki ist unfähig, daran zu zweifeln, dass er Meisner, oder was auch immer von dem dann übriggeblieben ist,  dort beim Herrn einst treffen wird. Kardinal Marx ist auch eingeladen…(!?!??) Gut, was geht’s mich an. Die Herren und ihre Gemeinde werden mich eh‘ nicht daran hindern, meine Gedanken in die Welt zu streamen, jetzt, wo endlich auch zwei Väter mit ihren Kindern und zwei Mütter mit ihren Kindern in die Ferien fahren können… obwohl ich mich schon ein wenig beklagen könnte, dass man uns unverheiratete Frauen so gar nicht bejubelt hat! Das fehlt noch! Oder spüre ich da immer noch so einen ganz klitzekleinen Restbetrag von Rechtsdenken, ich meine hier nach rechts, also weg von der Herzgegend und rein in den rassistischen Hintergedanken? Mmmmmhhhhh? Deswegen singe ich jetzt ein Hohelied auf unverheiratete Frauen, die gegen keinerlei Gendervarianten irgendwas haben, und grundsätzlich nichts gegen Frauen und Männer, sondern die sich einfach Heirat gar nicht vorstellen können und allen Angeboten mühelos widerstanden haben. Auf diese Gruppe in der Geschichte der Menschheit singe ich heute ein Hohelied: lange mögen sie leben und sich vermehren.

Das Bild zeigt eine unverheiratete Frau, die prüfend in die Vergangenheit starrt.


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