Es ist schon erstaunlich, dass dem Begriff oder der Ausübung von ‚Meditation‘ und ‚Yoga‘ Ähnliches wiederfahren ist wie dem beispiellosen Ausbruch der Tätowierkunst, also darin, dass es auf einmal überall zu finden ist. Die Körper sind bemalt und beschriftet mit neuen Ideen, und auf der Yogaseite gibt es nun das ‚Stuhlyoga‘ für diejenigen, die keine Zeit haben werden, sich noch den Lotussitz anzueignen, und man fragt sich bei beiden ernannten Erscheinungen: worum geht’s. In den Impulsen hin zum Tatoo kenne ich mich nicht aus, bin aber vertraut mit einer langjährigen Praxis des Sitzens, was es ja nicht automatisch zum kontemplativen Aufenthaltsraum macht, sondern es macht klar, dass das aufrechte Sitzen und seine es begleitende Aufmerksamkeit nur der Rahmen sind für innere Vorgänge, die günstigerweise mit innerer Ruhe und Konzentration erlebt werden können, wobei das, was man als sich selbst erkennt die Selbsterkenntnis an sich fördert. Um in dieser Hinsicht zu einem guten Ergebnis zu gelangen, gibt es Bedingungen, die erst gelernt, dann verstanden und dann angewandt werden. Auch um zu wissen, wovon man redet, wenn man darüber redet. Denn es gibt für die innere Entwicklung keine Beweisführung außer für uns selbst, wo die Führung, also ich, selbst entscheiden kann, ob Beweise überhaupt angebracht sind im Spiel. Nun hat man ja durch die ganze Menschheitsgeschichte hindurch die Bewegung zur Selbsterkenntnis hin getrennt von der Familienbewegung, nicht, weil die Einen fähiger waren als die Anderen in dem, was sie entschieden und dadurch gelebt haben, sondern weil die Entscheidungen, die gemacht wurden und werden, oft an einer Kreuzung sind, wo ich nun mit einer bestimmten Richtung verbunden bin, in die fortan mein ganzes Sein geht. Niemand hätte was gegen ernsthaft meditierende Eltern, wenn einem nicht die Kinder leidtäten, die damit umgehen müssen, wobei man das jetzt vor allem mit Smartphones beobachten kann, wenn Mütter z.B. in ihren Welten verschwinden und gar nicht mehr anwesend sind. Vielleicht ist ja Tätowieren eine krasse Form des Sichtbarwerdenwollens durch die Geschichte, die hier veräußert wird. Die bewusste oder von Wachheit geprägte Aufmerksamkeit bewegt sich eher in den verfügbaren oder trainierten Zeitlücken, die man erkennt als den Raum an sich, in dem sich das gerade Vorkommende auf vielerlei Weisen abspielt und abspult. Nun kommt es darauf an, wie wir mit dem Durchfließenden umgehen. Wo haken wir ein, wo wiederholen wir innerlich endlos Geschehnisse, die noch gar keine Realität enthalten, und wollen wir das überhaupt. Macht es Angst, die Führung für sich selbst übernehmen zu müssen, damit ich weiß, ob ich es kann. Das braucht Zeit und inneren Raum, und wenn ich das habe, steht nichts mehr im Wege. Freischwebende Aufmerksamkeit!


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