verlassen

In jeder Zeitspanne, in der Menschen herumwandern in persönlichen und gemeinsamen Erfahrungsexperimenten, wird ständig und in allen verfügbaren Sprachen darüber diskutiert, was denn gerade los ist auf der Erde. Wir alle kommen auf natürliche Weise in die Annahme, dass Leben genau so ist, wie wir es erleben und beobachten, und auf seine gewisse Weise ist es auch so, wir haben ja weder Wahl noch Vergleich und müssen mit dem umgehen, was wir vorfinden. Man hat als „Lebende/r oft nicht die nötige Distanz zum Geschehen, um es als historisches Ereignis zu sehen, denn wir selbst sind hier die Darsteller:innen des historischen Ereignisses, ständig am Studieren des eigenen Scriptes. Dort häufen sich die Randnotizen und die Fußnoten, and who the hell cares for them, wenn nicht wir. Ich fand meine eigene Zeit schon immer hochspannend und gehöre zu den Privilegierten, die auch ohne viel Geld viel reisen konnte und immer noch kann. Ich konnte mich dank der digitalen Revolution und ihren neuen Kommunikationssystemen in einer fremden Kultur lange aufhalten, dort so gut wie möglich heimisch werden und mich zuhause fühlen bei der Rückkehr in den anderssprachigen Freundeskreis. Ich bin dankbar dafür, in beiden Kulturen dunkles und helles Wissen kennengelernt zu haben, und dass der Mensch am Kern des Wesens diesselbe wortlose Sprache spricht, wodurch sich auch Tiere und Pflanzen und Sterne angesprochen fühlen. Da aber all dieses unendliche Bemühen, einen Sinn in diese großen Bewegungen des labyrinthischen Spieles hineinzupumpen, einem zuweilen so sinnlos vorkommen kann, finde ich einen geradezu erotischen Genuss in der Tatsache, dass wir uns in Wirklichkeit im radikal Ungewissen bewegen, und das scheint mir zur Zeit überaus deutlich zu sein. Weder ist eine Wettervorhersage gewiss, noch weiß jemand, ob es Trump und der verkörperten Ignoranz seiner Anhänger:innen tatsächlich gelingen wird, einen schlechten Clown in die nächste Präsidentschaft zu hieven. Auch in Indien tut sich was, und man sieht den verkalkten Schmuck der selbsternannten Götter in Zeitlupe herabbröckeln. Aber woher der erfrischende Wind kommen wird, das weiß man nicht. Denn man kann es nicht wissen. Sehr wenig Wesentliches kann man wissen, denn es gibt letztendlich sehr wenig Wissenswertes. Das Wissenswerte allerdings und das Nichtzuwissende sind die beste Ausrüstung für den anstehenden Heilungsprozess. Denn viele von uns suchen gar nicht mehr nach Wissen, sondern wir wandern durchs Ungewisse und sind offen für Heilung. Das kommt schon mal vor, dass alles sehr krank wirkt. Aber die heilenden Kräfte sind auch nicht wirkungslos, und man kann sich auf sie verlassen.

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