(sich) selber sehen

Das Bildchen musste ich etwas aufpäppeln wegen seiner Farblosigkeit, das wirkt sich leider auch auf die Lesbarkeit aus, was leicht zu lösen ist, denn die paar Worte sind nicht nur erheiternd, sondern auch tief. Die Überschrift sagt: „Wie wir und selbst sehen“, und im linken Kreis heißt es: „Ganz normal“, und im rechten: „Nicht, wie alle anderen“. Das Ganze erscheint in der „Zeit“ unter der Überschrift: „Torten der Wahrheit“, eine beneidenswerte Formulierung, die nun leider gebunkert ist. Anhand von Kreisen, also Torten, researched und erläutert hier Katja Berlin bestimmte Verhältnisse und Themen in Politik und Gesellschaft, die man durch diese Bemühung dann vereinfacht überblicken kann. Meist sieht man kleinere und größere Kuchenstücke, zum Beispiel bei der Frage, was Familien in Deutschland auseinander bringt, und eine Mini-Schnitte zeigt auf  „Alternative Lebensformen“, und noch eine schmale auf „Der Feminismus“, und der Rest des Kuchens gehört zu „Erbschaften“. Warum mir aber dieses ins Auge fiel, war die interessante Frage, eben, wie wir uns selbst sehen. Zwei volle Kreise, die sich überschneiden und an der Schnittstelle zum „Selbstbild“ fügen. Einerseits sieht man sich integriert in der Gesellschaft mit vielen Anderen, andrerseits ist es vor allem wichtig, nicht wie alle Anderen gesehen zu werden. Man muss sich die ungeheuren Anstrengungen vor Augen halten, mit denen Menschen, die das als das Normale empfinden, sich an die jeweiligen Gepflogenheiten der Zeit so unauffällig wie möglich anzupassen, um einen gewissen Grad an Zugehörigkeit zu erfahren. Abweichungen von dieser  erwarteten Anpassung werden meist über Blicke zensiert, und nichts ist leichter, als durch Angebot und Nachfrage den Herdentrieb des Menschen zu erkennen. Die Bereitschaft zur Gleichschaltung macht es ja erst erstaunlich, wenn die Empörung ebenso groß ist, wenn der Mensch nicht als Einzelwesen erkannt wird. Auch das ist berechtigt, denn die Einzigartigkeit des Menschen drückt sich trotz Blumentapeten, Gummibäumen oder kecken Smartphones aus. Obwohl diese, wie ich in Indien einmal feststellen durfte, öfters mal keinen Akku hatten, denn wie konnte man dazugehören, wenn man nicht irgendwo herumstand und wenigstens so tat, als hätte man so Wichtiges zu tun, dass man das Ding nicht mal beim Gemüsekauf aus der Hand legen konnte. Erschütternd war, dass der Gemüsemann, sonst kastenmäßig weit drunter stehend, auch ein schickes Handy hatte. Und obwohl das gesellschaftliche Konstrukt von allen Seiten gespeist wird, wie man zum Beispiel über Materie genauso werden könnte wie das, was man sich so als Bild von den „Erfolgreichen“ gemacht hat. Es wird vor allem über die Medien vielfältig erklärt, was zu der gemeinsamen Eingliederung nötig ist. Der Einzelne muss sich selbst ja unglaublich wichtig nehmen im Karussel der Geschäftigkeit, und doch ist es schwer bis unmöglich, die Pferde aus dem vorgeschriebenen Kreis zu lenken. Um sich selbst als ‚gar nicht wie die Anderen zu empfinden, ist es gut zu wissen, wodurch das geschieht. Denn die Frage ‚Wer bin ich‘ hat nichts an Aktualität verloren, da es immer schwer war, darauf zu antworten, wenn man nicht nur auf den Namen zurückgreifen wollte. Auf dem Weg des Sicherkennwollens ist es nicht so wichtig, sich als normal zu empfinden, denn um zu sich selbst zu kommen, muss man die Norm ja verlassen, da sie ein illusionäres Gebäude ist, das zusammenfallen kann wie ein Kartenhaus. Hat man sich für diesen Weg entschieden, ist es vielleicht gar nicht mehr so bedeutsam, n i c h t  wie alle Anderen zu sein, denn das beschäftigt einen vermutlich dann gar nicht mehr so sehr,

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