eingeweiht

Vor allem gestern konnte man, sorry!, konnte ich nochmal so richtig hineinsinken in die Freude der neuen amerikanischen Präsidentschaft. War doch echt schön und verhältnismäßig entspannt,  das Programm der Einweihung. Viele waren wahrscheinlich auch froh, dass sie nicht hatten sterben müssen. Es gab ein sorgsam ausgewähltes, kulturelles Programm mit einer Poetin auf der höchsten Ebene der Vorstellungskraft. Schwarze so natürlich zusammen mit Weißen, dass man die Trennung der Hautfarben ein fehlgeleitetes Produkt von Gehirnwellen halten könnte. Wann um Himmelswillen fing das denn an, dass sich das Feigenblatt von den Augen löste, und auf einmal sah man, dass viele anders waren als man selbst. Man ist heute ja noch manchmal überrascht darüber, oder hält das Menschliche für eine Selbstverständlichkeit, also etwas, wovon man grundsätzlich ausgehen kann in jedem Herumwandelnden, kann man aber nicht. Bidens wohldurchdachte Rede hat vermutlich den selben Wirkungskreis wie die Egomanie des Vorgängers. Nie weiß man, wann sich wer, wo und durch wen  angesprochen fühlt, aber klar ist auch, dass die Dinge sichtbar werden, auch das immer auf unterschiedliche Weise. Auf der Weltenbühne erschien auch die Königin des Tages, die junge Poetin Amanda Gorman, deren Beitrag ich am Sonntag eingeben werde, damit sie in meinem Archiv dabei ist. Wie oft hört man schon ein Gedicht, dessen Glanz alles überstrahlt, sodass man tatsächlich wieder weiß, dass Kunst auch der Aufstand ist gegen die Banalität, in deren durchgesessenen Aufenthaltsräumen die Maske schon vor der Pandemie Usus war. Frisch ist das zeitlose Alter der Weisheit und kommt zum großen Glück auch in Zwanzigjährigen vor. Man möchte die Hand an die schöne Schläfe legen und selbst den Lorbeer aufsetzen. Auch die der Einladung gefolgten früheren Präsidenten bewegten sich ziemlich entspannt herum, vor allem die Obamas sind menschlich wirklich auffallend angenehm, sowie Kamala Harris und ihr Mann. Man hat eine Weile als Zeugin zuschauen können und sich vorstellen, wie einfach es wäre, respektvoll miteinander umzugehen, weil es in letzter Konsequenz überzeugender ist als jeder Ehrgeiz und jeder Machthunger. Insofern kann man schon sagen, dass ein paar Stunden lang das Tröpfchen Licht im Dunkel gewirkt hat, das ist schon viel, denn wer dabei war, kann es zumindest innerlich nicht leugnen. Und es leugnet auch keiner, dass da ein enormer Energiewechsel passiert ist. Vielleicht ein paar enttäuschte Tyrannen, denen nicht entgangen sein kann, dass in Akt III ein sehr schlechter Verlierer unterwegs war, das hassen sogar Mafiabosse. Einer, zu dem alle gekrochen sind, kriecht zurück in sein eigenes Schicksal, und droht damit, dass er irgendwie wiederkehrt. Und genau da, wo man die Show gerne beendet sähe, geht das Spiel dann doch wieder weiter. Die Fahnen sind weggeräumt, die Lichter des Festes erloschen, Heerscharen von Polizisten aller Art froh, wieder ungeschoren nach Hause zu kommen. Aber wer weiß, vielleicht hätten sie auch gern mal eine tollen Kampf geliefert, dafür werden sie ja schließlich ausgebildet. Ansonsten beginnt die Arbeit. Außer Armut und Krankheit geht es um Täter. Vor allem Täter, die nicht nur keine sein wollen, sondern die sich nicht als solche sehen. Wir haben unten in der Waschküche einen Schalter, der mir hierzu einfällt. Er ist völlig überdreht, gibt aber beim Weiterdrehen immer mal wieder einen lichten Moment her, bis man das Ding irgendwann stoppt. Es fühlt sich ganz natürlich an und gehört nun als akzeptierter Defekt zum Schalter, ja, es wird gar nicht mehr als Defekt wahrgenommen, man hat sich einfach daran gewöhnt, es so zu machen, denn es funktioniert ja. So kann man sich selbst auch anpassungsfähig nennen, wenn man dem zuspielt, und zum Glück spielt das in der Waschküche keine so große Rolle, es dient nur zum Verstehen.

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