besinnlich

Man, beziehungsweise ich, kann es ruhig ein kleines Wunder nennen, dass mir (dieses Jahr bewusst das deutsche Weihnachtsfest wahrnehmend), einfiel, dass in einer abschließbaren Metallkassette, wo die verhältnismäßig schmale Auswahl meiner ehemaligen, also kinderzeitlichen Photos und Briefe lagern, dass eben dort auch die Weihnachtsgeschichte liegt, mit meiner 7-jährigen Handschrift offensichtlich vorsichtig gestaltet und geschichtlich wahrheitsgetreu wiedergegeben. Auch die Hirten, nein, es sind eben n i c h t die drei Könige, sonst würden sie ja die schweren Geschenke dabei haben, sondern es sind die Hirten, alle mit einem Hirtenwanderstab ausgerüstet, zu denen der Engel, der sie natürlich erstmal erschrickt, dann sagt ‚Fürchtet euch nicht!‘, ein Satz, den man vor allem in Coronazeiten praktisch zu jedem, dem man begegnet, sagen könnte. Auch, bemerke ich, tauchen bei meiner Geschichte die Könige gar nicht auf, es geht vor allem um die Hirten, die nach Bethlehem gingen, um selber nachzuschauen, was dort los ist. Auch lasse ich mir von anderen nicht erzählen, dass das Kind in einer Höhle geboren wurde, das wäre ja gelacht. Bei mir ist und bleibt es der Stall, in dem es geboren wurde, denn wo sollen denn sonst die Kühe und Ochsen herkommen, von denen kaum einer spricht, dabei ist es vermutlich ihnen zu verdanken, dass das Jesuskind überlebt hat. Dann gäbe es kein Christentum und jemand anderes hätte kommen müssen, um die geistige Lücke zu füllen. Religionen sind ganz sicher (u.a.) geistige Heilstationen, wo die Nichtgesehenen sich gesehen fühlen und die Wortlosen tröstende Worte vorfinden, wenn man nicht gerade in einem Zen-Kloster landet, wo es um andere Dinge geht als Trost. Obwohl man so ziemlich alle Lehren und alles Wissen in letzter Konsequenz  als ein Trostpflaster sehen kann, unter dem sich die Wunde schließt, aber nicht als Geheiltes in Erscheinung treten kann. Es ist natürlich auch so, dass Maria und Josef und das Kleinkind ja nie wirklich gestorben sind, sondern sie leben überall weiter, in Moria, in den unmenschlichen Zuständen der Ghettos, in den Wohnzimmern. Es ist kalt, sie haben nichts zu essen und frieren. Wenige der Kinder werden als Jesus herangedeihen, wissen wir doch, dass keine Geschichte wiederholbar ist, so sehr es auch so scheinen mag. Immer ein anderer Hunger, immer ein anderer Krieg, immer eine andere Familie. Und die, die mehr als genug haben und unterwegs sind, um noch mehr in ihre Häuser zu tragen, denen tun dann um Weihnachten herum natürlich solche leid, die aus welchen Gründen auch immer an diesem Schwirren und Wirren nicht beteiligt sein können. Das dürften gerade mehr als sonst sein, denn wenn das so weitergeht, dann betrauern zur Zeit täglich Hunderte von Familienangehörige eine/n Angehörige/n, der oder die entschwunden ist. Man denkt, das alles wäre ein guter Grund für Besinnlichkeit, ein Wort, das gerne an Weihnachten auftaucht und das man im Mund förmlich zergehen lassen kann. Besinnlichkeit…Die Kunst, mit einer gewissen Gelassenheit Sinn in das Erleben hineinzuschenken?, oder wie auch immer man das für sich reflektieren würde. Was es ist, wo es sich versteckt, und wie man da hinkommt.

Leave a Reply

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.