immer

Das „Immer“, oder vielmehr das „Das war doch schon immer so“  hat mich nie so richtig überzeugt. Vor allem kennt man es ja von sich selbst, wenn man sich gegenseitig das Immer überstülpt, obwohl es ja ein Immer eigentlich gar nicht geben kann. Auch wenn man sich, sagen wir, in Platos oder Epikurs Leben hineinmutieren kann durch das, was sich an Geschichten durchgesetzt hat, so weiß man doch keineswegs, wie es für einen selbst gewesen  wäre, hätte man dort unter den Philosophen nicht die reizenden Knabenlenden gehabt, um die Denker zu gutem Denken anzuspornen, oder wäre gar eine Frau gewesen, und eben leider nicht die geisteskonzipierte Diotima, die gekommen ist, um dem Meister die kontemplative Lücke zu füllen, auch wenn ich selbst  ihre Darbietung nicht überzeugend finde, oder auch von der Zeit überholt. Was man natürlich vom illusionären ‚Immer‘ lernen kann ist, dass es eben so scheint, als würde der Mensch trotz aller erbaulichen Erhabenheiten nicht wirklich vorankommen und immer wieder dieselben tumben Dinge tun, die da, wo das Bewusstsein pflegt, sich gerne aufzuhalten, zuweilen zu Erregungen führt oder gar zu Selbsttötungen. Und klar, die Skala menschlicher Ausdrucksformen kann sich nur im Rahmen der vorhandenen Gedanken und Gefühle abspielen, mal dunkler, mal heller, meistens ein Gemisch vom Zwischendrin, selten ganz schwarz, selten ganz hell. So zieht es halt durch die Menschheitshistorie, manchmal schon auch sehr extrem kostümiert, und immer haben es zumindest s o viele mitgemacht, dass es sich durchsetzen konnte, von Burka bis Genitalverstümmelung, das jeweilige Menschsein, das alle in ihrem eigenen Augenblick für das wahre Leben halten. Interessanterweise kommen ja nun in der Corona-Zeit scheinbar wie von selbst die eher guten alten Fragen hervor, auch im neuen Wort-Dress natürlich, man muss sich da weiterhin schulen und war froh, dass andere auch nichts von der Leopoldina wussten, so als hätte man was Geistiges verpasst, was sich immerhin für die klügste und unabhängigste Stimme weit und breit hält. Das gab’s auch schon immer, den Club of Rome, den Weisenrat. Und beim nochmaligen Immerhin kann man heute wenigstens einen weisheitspachtenden Präsidenten nach der Anzahl weiblicher Mitglieder befragen und Befremdung ausdrücken, wenn es 2 unter 1 400 Mitgliedern sind. Die wirkliche stille Revolution findet, und das nun wirklich schon immer, in einer Tiefe statt, zu der kein technisches Werkzeug Zugang hat. Da sickert es durch tonlose Siebe, da lotet es aus und wiegt auf unsagbaren Waagen und Wegen, da pendelt es zwischen Unwägbarkeiten permant aus, da webt es das Fadenlose und surft durch nie dagewesene Wellen. Oder ist es vielleicht gar kein Tiefunten, sondern findet im Hochoben statt, oder hat es den ganzen Weg zur Verfügung, und tanzt am Schluss ohne Seil?

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