entgeistern und falten

Das Wort „entgeistert“ tauchte heute früh in mir auf, was ja auf eine gewisse Sprachlosigkeit hinweist, auf ein Erschrockensein. Einerseits kann es bedeuten, dass einem wegen dem Schrecken der Geist nicht zugänglich ist und sich daher ein Schock einstellt. Oder aber man kann es, bzw. ich kann es jetzt anders verstehen und nenne es ‚entgeistern‘, also das, was einem selbst geisterhaft vorkommt, etwas näher zu rücken und eventuell eine Lupe zur Hand zu haben. Gestern war ich mal nach ein paar Tagen im Drin draußen mit dem Auto unterwegs. Es war nicht geisterhaft wegen der geschlossenen Läden, auch fuhren einige Autos auf der Straße, aber irgendwie war alles anders. Man weiß ja nicht, w i e die Menschen persönlich diese Krise durchleben, aber es war trotzdem klar, dass man in derselben Kollektivblase unterwegs war. Ob das schon der Moment ist, wo die Hand das vermachte Schwert zücken möchte, wenn auch nur, um illusionäre Dunstschwaden zu verteilen. Das wurde von mir verneint. Keine Zeit für Schwerthiebe, seien sie auch noch so kundig geführt. Es ist wie der Dialog. Da, wo Praxis möglich ist, sucht man die Übung, dann die Umsetzung, dann das Tun im Nicht-Tun. Auch den Dialog kann man suchen, und dankbar sein, wenn man ihn findet, und das meistens nur da, wo der Strohhalm schon losgelassen wurde. Wo Geister herumschwirren, ist es schwer, den Boden der Tatsachen als eine stabile Ebene zu erfahren, wird man von ihnen doch zu einem Sehen der Dinge angeregt, die gar nicht vorhanden sind. Wenn eine unsichtbare Macht die Führung übernimmt und ziemlich viele Angehörige der Menschheit in einen veränderten Modus transportieren kann, wird das nicht ohne Wirkung bleiben, was wiederum auf jedes Wort und jeden Nu zutrifft. Wie oft habe ich mir das Ausmaß dieses einfachen Gedankens zu Gemüte geführt, um es endlich so zu verdauen, dass es wahr wird, dass man ist, was man isst. Und dann wiederum die Weisheit nicht mit Löffeln fressen, dann weiß man, dass sie es nicht sein kann. Die Sprichworte haben sich vermutlich selbst geformt auf der Basis menschlicher Erfahrungswerte. Kennt man sich besser, kann es trotzdem passieren, dass man ratlos vor dem Kleiderschrank steht, bevor man entschlossen zugreifen kann. Oder man merkt, dass man ein bestimmtes Paar Schuhe am liebsten trägt, weil etwas daran einem entspricht. So töricht und dumm und unbelehrbar wir Menschen als Spezies auch erscheinen mögen, so arbeiten wir doch zusammen an dem geisterhaften Gesamtkunstwerk, das ein Einzelner oder eine Einzelne von uns nie ganz erfassen kann. Und auch wir werden die Geister nicht los, die wir gerufen haben, warum auch immer, wer weiß. So haben wir immerhin das Grübeln und das Reflektieren und können die Matrix aus uns herauslocken lassen, was sich zeigen möchte. Denn wir müssen ja auch verstehen, als wer wir hier durchgehen, da es nicht wirklich ein Krisenmanagement gibt, auf das man sich ganz und gar verlassen möchte. Ich selbst bin unterwegs, um Weltanschaung zu entgeistern. In einer Krise kann man schlummernde, berufliche Fähigkeiten entfalten und entwickeln.
In der wie ein Bienenstock summenden Atmosphäre des Corona Dampfer Workshops falten wir uns heute aus entgeistertem Material eine Weltanschaung.

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