missbrauchen

Dann wiederum kann man nicht unbehelligt  Geschehnisse ignorieren wie die langjährigen Missbrauchsfälle auf dem Campingplatz…Wie!, dachte ich zuerst, nur 14 Jahre, ja, und auch froh über die Regelung, dass wenigstens einige von diesen Schwerkranken sich zumindest weiterhin nicht an Kindern vergreifen werden. Geht es doch vor allem darum, Raum zu schaffen für das Fassungslose, damit man es fassen lernt. Denn es ist ja kein Illusionsgebilde, sondern eine nackte Wahrheit, die vermutlich gerade wegen ihrer Nacktheit zu wenig bemerkt und besprochen werden will, so, als wäre nicht jede/r schon einmal ganz in der Nähe damit in Kontakt gekommen. Wir reden bei allem Fortschritt ja auch immer noch über eine gefühlstaube Gesellschaft, in der eiserne Normen herrschen, die, nun als Kern des Grauens, die Mütter dieser Kinder offensichtlich nicht befähigen, in ihren Kindern Spuren dieser Verbrechen zu entdecken, seien die auch noch so gut getarnt und verborgen von den Kindern selbst, von denen man ja kaum erwarten kann, dass sie die Vorgänge richtig einordnen können. Es soll einen Mann gegeben haben, der manchmal am Spielplatz mit einem Boot vorbeifuhr, dem aufgefallen war, dass die Kinder auf dem Campingplatz auffallend wenig lächelten. Wie war das zuhause? Man kann ja nicht darüber nachdenken, denn man weiß es nicht. Was man weiß ist, dass hier Wachheit und Aufmerksamkeit, sprich: Liebe, nicht wirklich dagewesen sein kann, denn 10 Jahre sind lang, und da häufen sich doch eher die Fragen, die so wenig Antwort vertragen. Meine indische Freundin Lali besuchte mal ihre Mutter in ihrer Geburtsstadt in Begleitung ihrer kleinen Töchter, die auf einmal nicht mehr nach Hause gehen wollten, weil der Papa immer nackt auf ihnen lag. Einmal während solch eines Momentes riefen sie die Kinder aus dem Schlafzimmer. Sie war am Kochen und sagte „komme gleich“, dabei waren sie dabei, den Vater abzuwehren. Wenn ich manchmal in Indien die Zeitung sinken lasse und mich frage, ob ich das alles lesen will, dann ist es wieder mal eine Ausgabe mit mehr als drei Vergewaltigungsgeschichten, Babies, Kinder, junge Mädchen und Frauen, Frauen allen Alters. In den Familien, von Straßen entführt, in exklusiven Gesellschaftsformen, in die der Uneingeweihte keinen Zutritt hat. Eklatanter Missbrauch auf allen Ebenen, wo Männer herrschen, die den ihnen Unterstellten klarmachen können, dass  an ihrem Penis kein Weg vorbeiführt, sollte eine Beförderung oder auch nur eine respektvolle Präsenz gewünscht sein. In Indien ist mir mal aufgefallen, dass das Phallussymbol (des Gottes Shiva) von Frauen wie Männern hochverehrt wird, aber noch nie habe ich einen Mann das dazugehörige weibliche Teil, dort Yoni genannt, verehren sehen, obwohl es die Basis des strammen Phallus ist. Manchmal wird es auch weggelassen, es fällt nicht weiter auf. Und „ach“, sagte Shivani einmal bei meinem vorsichtigen Vortasten in das Gebiet des tödlichen Schweigens, „ich kenne keine Frau, die Formen von Missbrauch nicht schon erlebt hat, fast immer in den Familien. Vergewaltigtwerden ist immer noch eine Schande, da hat der Polizist doch auch nochmal zugegriffen, als die Wenigen früher mal Anzeige erstatten wollten. Ist ja eh schon benutzt worden. Man staunt darüber, dass man denken kann, eine Gesellschaft könnte in irgendeiner Weise gesund sein, wenn ihre Einheimischen sich nicht irgendwann selbst die Fragen stellen, nicht nur die auch wichtigen, sondern die wichtigsten. Ich bin auch schon gefragt worden, wie ich in so ein Land gehen kann wie Indien, nach allem, was man nun davon weiß. Ich kann da keine großen Unterschiede mehr machen, denn es ist überall. Und überall sind auch Menschen, die das Zulassen tiefster Betroffenheiten zum Anlass nehmen,  um das eigene Sehen und die eigene Wahrnehmung zu schulen. Damit, auch wenn es durch tiefstes Erschrecken geschieht, das Auge wachgehalten wird. Denn es geht ja nicht um letzte Urteile und Meinungen, sondern es geht um das Zulassen innerer Berührungen, die dazu führen können, keinen Schaden mehr anzurichten unter Menschen.

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