Also wenn ich auf youtube unterwegs bin, ist meine Dosis von Versklavung noch überschaubar (denke ich mir), denn immerhin kann ich dem Algorithmus noch eine Richtung geben (denke ich), obwohl er, also es, mir bei jeder Wahl weitere Möglichkeiten anbietet, mich zu erweitern. Und so kann man bei scheinbar freier Wahl im Darknet landen oder bei einem Shaolinmönch, wobei auch das häufige Erscheinen des Mönches ermüdend sein kann. Ich habe festgestellt, dass ich (u.a.) Shorts mag, weil man nach kurzem und oft unterhaltsamem Einblick wieder weg kann, ohne ähnliche Einblicke zu aktivieren. Heute früh habe ich so ein kurzes Ding geöffnet, weil da stand ‚Werde wie Jesus‘, und da wollte ich doch mal, passend zur sich aufbauschenden Weihnachtszeit, sehen, was jemand darunter versteht, wie dieser wichtige Mensch der christlichen Welt war. Es sprach sehr sympatisch ein amerikanischer Priester, Father David, und erinnerte daran, wie wild und stürmisch und wütend Jesus war, und sein Leben einsetzte für die Gerechtigkeit und gegen die narzisstische Gaukelei der menschlichen Natur, die ihm unerträglich wurde. Ich denke, man kann nicht wirklich mutig sein, ohne sein Leben, also das eigene Leben, einzusetzen, und vermutlich verschwinden im Nichts der Geschichte sehr viele unerkannte Menschen, denen es gelungen war, ihre menschlichen Grenzen zu überschreiten. Ist das ratsam? Es gibt gar keinen Rat, denn jede/r muss für sich selbst entscheiden, welche der angebotenen Lebensgestaltungen einem stimmig vorkommt. Das Heilige, sofern vorhanden, strömt ja diese Anziehung aus, weil es vorgibt, die menschlichen Begrenzungen, unter denen wir vor allem leiden, überschreiten zu können. Die Vorbilder verschwinden, man trapst durch Wüsten oder durch Eisgefilde oder aber tiefen Nebel ohne Straßenschilder. Dann merkt man erstaunt, dass Wunder gar nicht so selten sind, ja, es wundert überall. Heiter gibt sie sich zu erkennen, die frischgebackene Wirklichkeit.


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