Shaadi (Hochzeit)

Woher weiß ich, dass wieder geheiratet wird? Nein, nicht aus dem Hindu-Kalender, der Leben und eben auch Heirat bestimmt, sondern aus dem ohrenbetäubenden Lärm der Hochzeitsmusik, die eine jeweils anders uniformierte Brass-Band, diszipliniert und chronisch übermüdet, auf ihren Blas-und Brassinstrumenten und ihren aufreibenden Trommelwirbeln in der erwarteten Fassung darbieten. Das muss mal ein mächtiger Militär-König gewesen sein, der diese Klänge verordnet. ja befohlen hat, denn wer würde freiwillig dieser Zumutung lauschen wollen? Wieder mal irre ich mich, denn den TeilnehmerInnen würde ohne diesen Teil des Vorgangs alles fehlen, was die Sinne ordentlich betäubt. Ja, ist es nicht genau diese Musik, die es ermöglicht, die immer wieder sich einschleichende Seelenpanik und Seelengewissheit zu überdröhnen, dass hier wieder viel geistig und körperlich Illegales vor sich geht! Als wüssten nicht alle, um den auf weißem Pferd in ergebener Dumpfheit vor sich hinreitenden Bräutigam herumtanzend, …..ja, was wissen wir denn alle von den Folgen!? Oder dem Schrecken, wenn die mit Henna tätowierte Jungfrau auf den fremden Mann trifft, mit dem sie und er mit ihr nun erleben müssenkönnendürfen, wie das so ist, die Heirat mit dem/der Fremden. Ist es denn da so anders,wo Menschen heiraten können, wen sie wollten? Auf jeden Fall macht eine freie Entscheidung verantwortlicher für das Ergebnis, während wir hier, im Arrangierten, nur Erwartungen haben, vor allem an die Frau: shweigsam soll sie sein, kochen wie Mama, einen Sohn gebären, alles schulturn, niemals klagen. Ist der Mann doch der Gott. Wo ist wohl die Göttin abgeblieben, frage ich schon mal, aber das ist kein indisches Denkmaterial. Auf jeden Fall ist man durch die Hochzeit in einem „Drin“ gelandet. Die Familien haben Einkommen und Preis diskutiert, und die grässlichen Geschenke-Items stehen herum zur Beschauung von dem, was alles gehabt werden wird. Motorrad, Flatscreen etc, und Sarees, Blusen und Reifen ohne Ende. Überhaupt alles ziemlich endlos. Im Winter frieren sich die Frauen dusselig, weil sie wegen der teuren Outfits keinen Schal tragen wollen. Es sind ja, vor allem in dieser Gegend, nur die Hochzeiten, wo man hingehen und sich zeigen kann. Seit ein paar Jahren muss auch Whisky gereicht werden, was die Nichttrinkenden auch nicht fröhlicher macht. Unzählige Photos werden geschossen, Alben angefertigt und ein Leben lang gezeigt vom Tag, wo alles anfing. Wer fragt schon nach dem Danach. Es war da! Man ist selbst auf den königlichen Stühlen gesessen. Auf dem Pferd durch die Straße geritten mit dem ausgeliehenen Prinzenkostüm am Körper. Die Braut und werdende Frau hat seinen Namen irgendwo im Henna-Design versteckt (was für eine kecke Idee!), damit er sich bei ihr finden kann. Wer suchet, der findet.
Ja, schade, dass ich keine tieferen Shaadi-Eindrücke geben kann, es fehlt an der Hochzeitsritualerfahrung. Wenn ich mal wieder jemanden enttäuschen muss, weil ich nicht zu einer Hochzeit komme, obwohl es soooo eine Ehre ist, nehme ich wieder Zuflucht in einen rettenden Satz, zB. „Ihr (klugen  Hindu-Geschöpfe), die ihr nur zwei Lebensrichtungen gelehrt habt, habt einerseits das Familiensystem, das kommt mit Shaadi, Kindern, Altersversorgung-und betreuung in Gang, der andere Weg ist ungewiss, da laufe ich drauf, und deshalb habe ich einst entschieden, in dieser Richtung zu bleiben…keine Garantie also und kein Shaadi.

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Na, wenn das kein hübsches Hochzeitsthron-Photo ist! Alle waren schon mit Abräumen der ganzen Show beschäftigt, als ich um Bilderlaubnis fragte beim Vorübergehen.

 


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