wünschen

Ich hatte nicht im geringsten versucht, mich in christliches Denken zu versenken, aber wer um diese Zeit herum zur (teuren) Goldfarbe greift, darf sich nicht wundern, wenn Verbindungen hergestellt werden. So ist es nun ein Ausschnitt eines vermasselten Bildes, das, weil Weihnachten ist, hier herumhängen darf, ohne dass die Figur gleich der jugendliche Heilige sein muss, überwältigt von Ursymbolen. Als Kind hatte mich mal der Gedanke ergriffen, man müsste arme Menschen einladen an den reichlich gedeckten Tisch, aber meine Mutter konnte sich für die Idee nicht erwärmen, vielleicht fand sie es schwer, an Arme heranzukommen. Oder vielleicht wollte sie einfach nur ausschlafen, eine kollektive Sehnsucht sehr vieler Menschen: einfach mal ausschlafen nach all diesen Endspurten, die Menschen vor ihrem letzten Endspurt packen können, damit sie noch alles hinkriegen, was sie von sich verlangen. Gar nichts von sich zu verlangen, ist natürlich auch keine Lösung. Nein, man kann aber entscheiden, was für eine freiwillige Anstrengung in Frage kommt. Wer möchte schon (und tut es doch) in einem Laden sich bewegen unter vielen anderen Maskierten, die entweder eine Liste in der Hand halten, weil es zu viel zum Erinnern ist, was da drauf steht, oder aber wissen, was sie wollen, weil das einfach zum eigenen Haushalt gehört. Der eine entscheidet sich für Bruderhühner, der andere für Schwesterngänse, ein dunkles Witzlein, weil ich eigentlich gar nicht weiß, wie viele Tiere extra für Weihnachten tot sein müssen, aber ich denke, es sind mehr, als ich denken möchte. Natürlich können die geballten Wünsche sich nur umsetzen, wenn die Lieferketten wieder ordentlich in Gang kommen, sonst muss der Gutschein her, ein trostloses Geschenk, mit dem kein Kind wirklich glücklich sein kann., auch keine Erwachsenen. Eigentlich lohnt es sich in so einer weitgeöffneten Wunschsphäre, darüber nachzudenken, was man sich wirklich wünscht, also einen einem selbst authentisch vorkommenden Wunsch zu formulieren, den man sich selber abnimmt. Da hilft es auch nichts, wenn wie ein Stehaufmännchen der Satz aus der Bhagavad Gita erscheint, der meint, dass die Weisen (wer immer das gewesen sein mag) das Entsagen  des Wunscherzeugten d i e Entsagung nennen, die sie als befreiend empfanden. Nun geht es beim Heranrauschen so eines Festes nicht um Entsagung, sondern um die Gestaltung dessen, was man selbst nicht nur für erträglich hält, sondern für förderlich und notwendig, damit man nicht unversehens in den falschen Korridor der Zwergenwelt einbiegt, wo die Kargen und Glanzlosen wohnen. Erfreulich fand ich die Nachricht einer zum Zuhören ausgebildeten Gruppe, die sich in der Stadt durch ein Symbol zu erkennen geben und nur dafür gekommen sind, Anderen zuzuhören. Eine der Frauen fragte einen jungen Fremdling, wie es ihm denn so ginge um diese Zeit, und er erzählte, wieviel Heimweh er hätte, und wie warm es zur Zeit in seinem eigenen Land sei. Aber gut, meinte er, wahrscheinlich gewöhnt man sich daran. Gerne vergisst man, wie hilfreich es ist, einfach etwas sagen zu können, ohne dass es kommentiert wird oder wir denken, jemand sagt es, damit wir unseren Senf dazu geben. Manchmal ja, manchmal nein. Das alles sind Einzelteile eines großen Kunststückes, dessen Fertigstellung und Auflösung permanent ablaufen. Und wir wissen von Beuys, dass alle Menschen beteiligte Künstler*innen sind, aber Achtung!, Reisende/r: nicht alles ist Kunst.

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