Wir tragen die Maske

 Im Zusammenhang mit den weltweiten Protesten gegen Rassismus tauchten meine eigenen Verbindungen mit dunkelhäutigen Menschen auf. Aus diesen vielseitigen und berührenden Erfahrungen heraus fiel mir auch die Frau wieder ein, der ich gestern meinen Blog gewidmet (ich kannte sie als Bürgerrechtlerin) und mich entschieden habe, das Gedicht nicht auf Deutsch zu übersetzen, ich wollte es in der geschriebenen Sprache behalten. Sie spricht ja, wie sie auch vorher erzählt, zuerst das Gedicht von Paul Dunbar (1872! geboren), das den Titel „Wir tragen die Maske“ trägt. Das will ich (weiter unten) noch einmal separat zeigen, ein tiefverwundetes Gedicht über die Entscheidung, sich die Erniedrigungen durch den (weißen) Menschen nicht anmerken zu lassen. Maya Angelou fährt mit ihrem eigenen Erleben fort. Sie hat einmal als Schaffnerin in einem Bus gearbeitet und dort eine Frau 9 Monate lang beobachtet, wie deren Gesicht immer wieder zu einem Lächeln erfriert, bis sie diese Grimasse als einen ‚Überlebens-Apparatus‘ erkennt. Sie sind stolz, sagt sie, und wollen nicht als Opfer gesehen werden, obwohl ihre Großväter noch wussten, dass sie nur wegen der Unterwerfung alle überleben konnten und das auch geraten haben. Das hat man ja jetzt verstanden, wer und wo auch immer, dass diese Rassendiskriminierung in uns Menschen angelegt ist. Es ist auch nicht nur die unerträgliche Arroganz des weißen Mannes (und was denkt die weiße Frau?), sondern es kriegt und krieselt überall zwischen Rassen und  Stämmen und Ländern und Religionen. Und der Krieg, der zwischen Völkern ausbricht, deren Soldaten alle auf hohem Niveau ausgebildet sind, ist auch in seinen Grundfesten nicht besser und edler als der Kampf zwischen Hutu und Tutsi, obwohl man es gern so sehen würde. Die Frage, wie man Fremdheit gegenüber eingestellt ist, wohnt in jedem Haushalt. Alle sind sich fremd, und dass man sich aneinander gewöhnen kann, klingt nicht wie die letzte Weisheit. Und wo und auf welche Weise können sich auf dieser Erde Menschen erholen, die nichts anderes kennengelernt haben als Zerstörung und Vernichtung. Und dann wiederum wird noch viel zu viel geschwiegen von den Frauen und Kindern, die dem Frust der Männer durch diese Erniedrigungen ausgeliefert sind. Wenn einem die Verbrechen des Menschen zu Bewusstsein kommen, kann es einem schon schwindelig werden. Denn es ist wahr, dass es keine Gerechtigkeit gibt, obwohl es gut ist, dass zur Zeit wieder einmal so ausdauernd darum gekämpft wird, denn ja, wenn das Maß der illegalen Überschreitungen voll ist, dann braucht es dringend Nachdenken und angemessene Gesetze, die dem Schlimmsten zumindest eine Hemmschwelle bieten. Wenn man eine schwarze Haut hat, kann das viel bedeuten. Mich rührt die Abgrundtiefe des Fremdartigen, dem wir uns so schwer öffnen können, dieser Mangel an Bereitschaft, erst einmal erfahren zu wollen, wer der Andere ist, und wie es ihm geht. Einmal lief ich morgens in einer Großstadt an einer Wiese vorbei, auf der ein dunkelhäutiger Mann im Anzug, der offensichtlich dort geschlafen hatte, sich zum Gehen sortierte, mit einem Reisekoffer neben sich. Noch heute grämt es mich, dass ich nicht den Mut hatte, mich nach seiner Situation zu erkundigen, da ich die Beschämung dieser Situation deutlich spürte. Manchmal genügen ja ein paar Worte, um einem Menschen oder sich selbst wieder in die an einem vorbeitrudelnde Welt  zu verhelfen, mit der man ins Fremdeln gekommen war. Und was für ein Wunder es doch war, dass Barack Obama trotz all unserer Befürchtungen dann doch nicht gekreuzigt wurde und diese phantastische Frau hat, die einem das Frausein herzwärmend erweitert, denn Menschsein an sich hat  viel, aber nicht alles mit Bildung und Leistung undsoweiter zu tun, und gerne, oder angeregt durch eine Not, kontempliert man immer mal wieder, mit was es nun tatsächlich zu tun hat, das Menschsein, und auf welchen Wegen auch immer man dort hingelangt. Rumi sprach von seinem Glück, endlich im Kreis der Liebenden angekommen zu sein. Er meinte keine Gruppe, und keine Nation und keinen Kreis, sondern das, was a u c h da ist, nur eben mehr Mühe kostet, obwohl kein Preisschild daran hängt und keine Medaille.

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