simple living, high thinking

Den Satz aus der Überschrift habe ich zuerst in Hindi gehört, und d a s sehr viele Male. Als ich damals in dem Pilgerstädtchen eintraf, hatte ich den Eindruck, dass alle noch wussten, was ‚einfach leben, hoch denken‘ bedeutet, es schien jedenfalls vielen als erstrebenswert. Wandernde Mönche kamen vorbei an den Häusern, manchmal kümmerte man sich um sie, wohl wissend, dass sie mit anderen Dingen beschäftigt waren, oder zumindest sein sollten. Mit der Zeit nahm das alles gleichzeitig ab, weil alle Lebensbereiche trotzdem eng verbunden waren. Die Familien kümmerten sich zwar nach wie vor um Kinder und Eltern und Onkels und Tanten undsoweiter, die ‚Sadhus‘ um sich selbst innerhalb der großen Einsamkeit, dem Lehrzimmer der Selbsterkenntnis. Doch in beiden Übungsfeldern kamen dabei immer weniger Menschen hervor, die in der Lage sind, mit ihrem Leben vertrauensvoll und glaubwürdig umzugehen. Doch einiges davon habe ich selbst noch gesehen und erlebt, wenn auch im Staub seiner letzten Atemzüge. Immerhin wussten sie schon, dass finstre Zeiten kommen würden, es stand in den Schriften. So, wie es bei uns auch in den Schriften steht. Man sieht die in pechschwarzes Etwas gekleideten Reiter auf hohen Rossen ihre halb menschlichen, halb maschinellen Körper durch die mit Plastiktüten gefüllten Wüsten traben, zwanghaft angetrieben von der Gier, der Erde alles zu entziehen, was sie liebenswürdig und lebensfähig macht. Vertan?, das ‚Simple living, high thinking‘?, so verständlich in seiner radiklalen Konsequenz. Oder braucht das Hochdenken vielleicht noch das Tiefdenken dazu, runter mit der Laterne also und mal nachschauen im Dämmerlicht der menschlichen Entwicklung, wie es eigentlich der Quelle geht. Und vielleicht gerade w e i l das menschliche Leid so unüberhörbar wird und der Missbrauch so ’normal‘, regt sich was in der kollektiven Psyche im Hinblick auf die Welt und ihren momentanen Zustand. Und wenn man sich einmal umschaut, was noch an Gutem alles da ist, gelingt es vielleicht doch, sich auch ohne Gott vor dem Wunder des Existierenden zu verbeugen. Muss ja keiner zuschauen.


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