Vom Tellerrand

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Wenn man den gängigen Spruch „über den Tellerrand schauen“mal praktisch umsetzt, versteht man sofort, um was es geht. Wenn man am Tisch sitzt während des Essens und über den Rand schaut, ist der Abstand zwischen Rand und Tisch noch klein und man spürt Boden unter den Augen. Nimmt man den Teller aber in beide Hände und hält ihn über dem Boden, wird einem das ganze Ausmaß dieses Quantensprungs bewusst. Ich verstehe also dann, wie heute während des Frühstücks, dass, wenn ich mich am Rande des Tellers, der hier für mein persönliches Ich steht, aufhalte und über den Rand schaue, dann schaue ich direkt in die unheimliche Weite des Ungewissen, d.h. über mich hinaus. Vielleicht hat Nietzsche das gemeint mit seinem Satz „der Mensch muss überwunden werden“, so als stünde er, der Mensch,  verhaftet an die Sicherheit des Tellers, sich selbst im Wege, bis er auch davon loslassen kann. Nun springt man „normalerweise“ auch nicht freiwillig in einen Abgrund, und das  ohne Bungee-Gurt oder die relative Sicherheit eines Fallschirms, und erwartet dort das Pudelwohle. Nein, sondern man hat Angst vor dem Verlassen des Vertrauten, oder etwas haftet an uns aus unserer Geschichte und wir beschäftigen uns noch mit dem eigenen Teller  und den Tellern der Anderen und kommen gar nicht mit uns „zum Rande.“ Muss man überhaupt zum Rande kommen? könnte eine Frage sein. Nein, nicht unbedingt, wäre eine Variante der möglichen Antworten, sondern nur, wenn entweder etwas geschieht, was einen zum Rand treibt und dort zu aufwendigen Prozessen, oder man freiwillig über sich hinausschauen möchte und das gefürchtete Ungewisse als den Ort der Liebe erkennt und erfährt.


One thought on “Vom Tellerrand

  1. Eric Antworten

    … ja, dass war beeindruckend, die Demonstration mit dem Teller, als dieser vom Tisch entfernt im ‚Raum‘ schwebte
    und alles drumherum unendlich wurde …

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