fremd

Das Thema „fremd“ taucht ja zwischen dem Westen und dem Osten häufig auf, vor allem im Kontext mit Indien, und ich erinnere mich sehr gut, wie schwierig so einiges zu vermitteln war an den Erfahrungen, vielleicht auch alles, als es sich ergab, dass die Reise immer wieder zwischen den beiden Welten stattfand. Es ist ja auch erst in dieser Zeit, dass sich Gruppen von Touristen gemeinsam durch die Gassen wagen. Ob aus China oder Korea oder Deutschland oder wo auch immer her, sie haben alle diesen gemeinsamen Blick, in dem vor allem das Gefühl einer Fremdheit zu sehen ist. Es ist nicht so leicht, das Östliche zu durchdringen, weil es tatsächlich Jahre braucht, bis diese Durchdringung einer anderen Kultur, hat man lange genug durchgehalten, einem auf einmal, vorkommt wie das Eigene, was es ja dann auch sein kann und ist, hat man sich selbst nicht irgendwo im fremden Land stehen gelassen, weil man dachte, man kann das alles auf Indisch machen. Geh in/disch. Die Inder sind ein kultiviertes und freundliches Volk, und auch trotz der Schrecken, die sich hier in den Veränderungen zeigen, kann man diesen feinen und kultivierten Geist noch spüren, auch in dem Erwachen zu einer Welt, die sich mit diesem Geist immer schwerer verbinden lässt. Aber Fremdheit und Nähe sind tatsächlich Gefühle, die mit der eigenen Verbindung zur Welt etwas zu tun haben, Es gibt ja diese Mini-Anekdote von Indien, dass Menschen, die hereinkommen, es entweder lieben oder hassen. Als ich über die Grenze kam in Lahore, damals war die Reise über Land noch möglich, war ich hell begeistert. Alles, worauf mein Auge fiel, schien mir vertraut und anregend: das Chaos, die Ordnungen, die Gerüche, die Musik, die Menschen, alles von einer solchen Vielfalt, dass es war, als würde man in ein gutes Buch hineinwandern, das einem auf jeder Seite etwas Geheimnisvolles enthüllt, und man will nicht mehr ohne es sein. Wer hätte ahnen können, dass wir, die neuen Fremdlinge und Weltenwanderer, diese Inhalte, denen wir begegneten und auf völlig verschiedene Weisen umsetzten, nach und nach in den Westen tragen würden, wiederum in immer neuen Formen und Gruppen und Wissensverarbeitungen, sodass man davon ausgehen kann, dass die Aufenthalte in Indien Millionen von Leben grundlegend verändert haben. Früher dachte ich auch öfters, jeder Mensch müsste zumindest einmal seinen Fuß auf diese Erde setzen und schauen, ob er fleihen oder bleiben möchte im Land, das als Wiege der Menschheit gesehen wurde und vielleicht noch wird, oder ob es vielleicht eines Tages nach Qualen und Schmerzen des Reifeprozesses zurückfindet zu seinem ureigenen Ton. Das ist wahrlich befremdlich, was hier an Wissen täglich gemurmelt wird, und wie eine Leere sich ausbreitet in ein gefährliches Nichts hinein, das immer mehr getragen wird vom Haben und vom Habenwollen, und immer weniger vom Sein. Ich selbst bin meinem Schicksal zutiefst dankbar dafür, dass ich noch rechtzeitig aufnehmen konnte, was so reichhaltig vorhanden war von der natürlichen, vedischen Hochkultur, die einem alles abverlangte an geistigem Abenteuer. Ich selbst schätze jetzt eine gute, innere Ausgleichung an Nähe und Fremdheit, die mir emöglicht, ob allein oder mit Anderen, mich an meiner eigenen Gesellschaft und gleichermaßen an der Gesellschaft der Anderen zu erfreuen. In der indischen Schulung habe ich Menschen lieben gelernt. Und ja, manchmal ist es doch besser, auch ein Alien zu sein anstatt zu tun, als sei das Ganze einfach normal und gäbe keinerlei unlösbare Rätsel auf. Ich verneige mich vor dem Unlösbaren.

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