anregen

Im „Kepos“ (Garten) des Epikur wurde auch eine Art Lebensmeisterschaft geübt oder gelebt oder wie man das jeweils nennen möchte oder kann, wenn zeitgemäß bewusste Menschen beieinander sitzen und sich miteinander wohlfühlen, und dadurch ein Empfangs-Raum entsteht für das jeweils Mögliche, was an Substanz in solch einem Raum erzeugt werden kann. Geistige Zeugung ist kreativ und anregend. Wer geistig zeugen kann, fühlt sich selten allein.  Angenehm in den Anekdoten über Epikur fand ich auch immer, dass Frauen erwähnt wurden, und dass er wohl da nicht die übliche Notwendigkeit sah, die Geschlechter zu trennen. Man versteht ja oft nicht, warum es als so unendlich schwierig rüberkommt in der Menschheitsgeschichte, Verantwortung für das eigene Tun zu übernehmen, so als müsste jede Generation neu darüber nachgrübeln, wie das wohl geht, und ja, muss sie. Was bleibt uns anderes übrig, als darüber nachzugrübeln und zu durchdringen, was uns als das Undurchdringliche erscheint, bis es belichtet ist, Facette für Facette. Bis das Auge entschleiert ist von den Vorstellungen, die wir uns gemacht haben über das Ganze. Die Ich-Sicht ist durchaus wesentlich, bis auch hier die Positionierung am Tellerrand auffallend kreisläufig wird. Auch Sufi-Tänzer haben in ihren endlosen Kreisbewegungen einen Arm unten und einen oben im Tanz, sozusagen eine  förmliche Kanalisierung, die sicherlich eine gute Wirkung hat, wenn man das entsprechende Wissen damit verbindet. Aber à propos Lebensmeisterschaft, so gibt es tatsächlich eine Linie des Denkens und Erlebens, die sich durch die Zeiten lebendig erhalten hat, und immer wieder von Einzelnen dankbar aufgenommen wurde und wird. Es geht da viel um die Freiheit des Geistes, und ob es einen Ort gibt, und wie der gestaltet sein würde, wo Menschen das Gefühl haben können, dass der Weg zu sich selbst das wesentliche Abenteuer ist, um das es hier auf dem Planeten zu gehen scheint. Dazu kann ja niemand gezwungen werden, denn die Bedingungen sind nicht jedermanns Sache. Manche finden sie schwer, manche spannend.  Mit manchen Gedanken muss man sich vertraut machen. Manche Fragen müssen gestellt werden. Was braucht ein Mensch, um sich ein Leben zu erschaffen, in dem er sich wohlfühlt. Auch Siegfried Lenz (im gestrigen Beitrag) bezieht sich, wie auch Erich Fromm in „Haben und Sein“, auf die Antike. Es geht um die Kunst der Muße, die jetzt in unseren Gesellschaften vollständig zu versinken droht. Wenn man natürlich von heute aus mit dem gendererwachten Blick in die Antike schaut, findet man vor allem Epikur, bei dem sich auch Frauen an der Welterfassung üben durften. Wo waren sie? Was haben sie gemacht und gedacht? Wie kann ein Geist frei sein, wenn er ungern nach Hause geht, weil es dort durch seine eigene Gesetzgebung so unendlich langweilig ist. Auch Sex kann unendlich langweilig sein, wenn die geistige Unterhaltung nicht mitgeliefert wird. Alles das, was nicht genügt, braucht immer Steigerung. Deswegen weiß man irgendwann, wie schwierig das Einfache und gleichzeitig Gehaltvolle zu erreichen ist. Einzeln kann man(n) sich immer vieles vorstellen, aber die schönen Dinge zusammen gestalten und erleben, den Vogelgesang, das Gespräch, die Paradoxie der Erscheinungen, die Entwirrungen der Täuschungsmanöver, die Erfahrungen des begrenzten und des entlassenen Ichs. Das Erspüren ungeteilter Einheiten im Raum, die Kunst des Gegenüber-Seins, das alles braucht Zeit und hat mit Religiösem absolut nichts mehr zu tun. Das fließt seine eigenen Wege und regt niemanden auf.

 


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