erkunden

Mir gefallen Photos, wenn der Blick nicht gleich erkennen kann, was es ist. Man weiß ja auch, was es ist, doch durch Lichteinwirkung oder Entfremdung wird es etwas anderes, etwas Neues, was dann auch nur einmal da ist. Man kann zum Beispiel ein figürliches Gemälde ergründen, indem man die Situation versucht zu erfassen, die einem dargeboten wird, oder ein gutes, abstraktes Werk fordert einen heraus, zu sehen, was es mit einem macht, wenn man die Wirkung spürt und bedenkt. Und nun hat die Menschheit eine Unmenge medialer Werkzeuge zur Verfügung, um das Innere mit dem Äußeren in Einklang zu bringen. Natürlich ist es auch verführerisch, dem sogenannten Ich viele Stimmen und Bilder und Worte zu geben, die andere liken oder nicht liken können. Die mühsam aufgerichteten und ausgerüsteten Institutionen bröckeln und zerfallen unter der Wucht der Gleichschaltung. Der entgleiste Aufschrei, endlich zu sein, wer ich wirklich bin, verstummt im Angesicht der zahllosen Angebote. Man kann ja schließlich niemandem das Sein absprechen, und der Gedanke, dass Sein das Resultat bewussten Werdens sein könnte, ist nicht jedermanns Sache. Meines Erachtens müssen die Dinge, die man für erstrebenswert hält, keinen Preis haben, aber sie erfordern ganz sicherlich eine gewisse Einhaltung der Ordnungen, die sich im langen Menschsein bewährt haben und von vielen VorgängerInnen mit einer  gewissen nachvollziehbaren Logik behaftet wurden. Geistige Bilder des Urzustandes sind gesehen worden und benannt, gar nicht so weit entfernt von sehr realen Geschehnissen, in denen sich das letztendlich Unangreifbare und noch Ungestörte spiegelt: das Ei und das Spermium, immer noch geehrt als mystischen Vorgang, bei dem keine Form von Missbrauch jemals geadelt wird. So ist auch das, was wir sind, ein Geburtsort in Form einer Erinnerung an ungestörtes Sein, das uns zu sich ruft. Doch die Materie, die sich unterwegs angesammelt hat, um Erfahrung und sich selbst ein Bild zu machen: die Materie bevölkert den Kopf und erschwert den Zugang. Wen es berührt und anregt, wieder zu Ordnungen zurückzukehren, die Zugang ermöglichen zum Spürbaren, der bewegt sich hier weiter, weil alles andere ziemlich unförderlich erscheint. Alle Feen verschwinden, alle Geister verziehen sich, der Blick zieht sich zurück aus den extremen und dicht gewebten Stoffen des Einerlei, aus den Tatorten, wo die Meister der künstlichen Narbenerzeugung  ihren Ruhm erlangen, denn es gibt nicht mehr viele, die Instrumente und Waffen sorgfältig an sich genommen haben, damit möglichst niemand durch eigene Hand zu Schaden kommt. Und lange, sehr lange bleibt das Sein ein verborgener Ort, über den man sich letztendlich gar nicht austauschen kann, denn ich selbst habe noch niemanden getroffen, der wusste, wie das geht und der oder die davon Kunde geben konnte.

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