handhaben

In den vielen Jahren, die ich im Winter in Indien verbracht habe, war die unheimlichste Zeit immer d i e zwischen Weihnachten und Neujahr. Es dauerte Jahre, bis die Inder durch die zunehmende Zahl von Fremden einen eigenen Zugang zu den Festlichkeiten gefunden hatten. Auch bei modernen Frauen fanden die roten Nikolausmützen regen Anklang, und an Neujahr brach die Leidenschaft für Feuerwerke so richtig durch, bis bald bei keinem Anlass mehr ein Lichtorgasmus fehlen durfte, sehr zum Leidwesen der Tiere. Auch ich fühlte mich ins Innere getrieben und fand mich in regelmäßigen Neujahrs- Schweige-Rückzügen wieder, die mich tatsächlich frisch und lebensfroh wieder entließen. Dabei findet das hinduistische Neujahr erst später statt beim Drachenfest Makar Sankranti, wobei Silvester im November ist (an Diwali). Aber man muss ja nicht kleinlich sein und alles verstehen wollen, und außerdem befinden wir uns nach dem indischen Vikram Kalender bereits im Jahre 2081, was langsam aus dem kollektiven Gedächtnis verschwindet, da sich der englische Kalender eingenistet und durchgesetzt hat, was nicht bedeutet, dass Jesus als geborenes Kind mit hohem Schicksal sehr präsent ist. Jedenfalls nicht in Rajasthan, wo ich gelebt habe, und wo Brahmanenclans das Ganze im Griff haben. Nun hat uns ja die Corona-Explosion an die eigenen Wurzeln zurückgebracht, und dort, beziehungsweise h i e r, genieße ich nun die segensreiche Hängematte der Zeit, vom Lichterfest bis in die neue Zahl hinein als eine Möglichkeit, alles Erlebte mal wirken zu lassen. Manches davon sinkt gelöst hinunter und verteilt sich auf die bereitstehenden Leerräume, anderes zeigt sich auf den sichtbaren Flächen des Alltags und muss aufgenommen und eingeladen werden in den Seinsbereich. Außerdem wissen wir sehr wohl, dass da draußen Kriege toben, die keinen Halt auf Straßen und in Häusern machen. Daher weist auch alles scheinbar Neue auf uns selbst hin: als welcher Mensch betrete ich das Seil des Jahres 2024, und welcher Grad an Wachheit steht mir zur Verfügung, um das vollkommen Ungewisse weiterhin angemessen zu handhaben. (?)

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