Tau


Tao
Jetzt bin ich schon anderthalb Monate zurück aus Indien, und  die Momente, in denen ein Sonnenstrahl meinen Körper trifft, bleiben rar. Obwohl ich die zwei Corona Winter gut überstanden habe, lag es wohl vor allem daran, dass Indien keine Option war, und der Durchgang an sich hatte seine Dynamik, auf die man sich persönlich und kollektiv einstellen musste. Aber was das Licht betrifft, so erinnere ich mich besonders an einen Moment in Indien, als ich irgendwo herumstand und auf einmal eine große Wärme auf meiner Schulter spürte. Es war vielleicht das erste Mal, dass ich die Sonne in dieser Funktion entdeckte. Das ist die Sonne, sprach es in mir, und so fürchte ich ein bisschen die kommenden Winter ohne Indien, wo im Winter ein paar Schritte genügen, um von der Kälte in eine sommerliche Wärme zu treten. Also wir haben jetzt April, und immer noch wird Graupeln angesagt, und das zwingt einen zu Einstellungen, die man am besten kreativ gestaltet (schreiben malen sitzen denken…). Allerdings wundert es auch nicht, dass dieses Wetter außer aus depressiven Zuständen sich entwickelnden Krankheiten auch philosophische Käuze wie Schopenhauer und Nietzsche hervorgebracht hat, für die man sich selbst im Nachhinein noch freut, wenn man liest, dass sie zumindest manchmal an einem flackernden Feuer saßen, aber das vielleicht auch nur in einem Roman und fällt vielleicht unter die Rubrik „Gute Wünsche für die Unsterblichen“. Denn trotz aller äußerlichen Umstände haben so viele diese Winter durchlebt und gelitten und einen Bullerofen verehrt, der Leben und Denken erleichtert und unterstützt. Im Winter braucht der Mensch flackerndes Feuer, und ja, manche haben es auch ohne Ofen geschafft, in die Tiefe zu steigen, denn da ist es im Westen doch hingegangen, tief hinunter in Schlünde und Abgründe, keuchend und von Weltschmerz bedroht. Denn dort unten vermutet man, ja wen vermutet man denn dort unten. Ist es der kleine Zwerg, den man da herumtanzend fürchtet und der, hat man sich überhaupt mal so weit durchgeackert, einem entgegensingt, ach wie gut, dass niemand weiß, wer du wirklich bist, du zu dir selbst Gereist/r. Und dann, was macht man da unten, wenn man schon mal da ist. Man lernt etwas über die Dunkelheit, das ist gewiss. Dass auch sie nicht nur eine ist, sondern viele Dunkelheiten und Finsternisse kann man da antreffen. Und trifft man plötzlich auf Resonanz, kann es einen durcheinanderwirbeln, sodass man kaum mehr auf die  Füße kommt. Mit der Zeit lernt man, dass man immer wieder aufsteht und weitermacht. Schließlich ist es u.a. auch ein Schlachtfeld, eine Kampfebene, die einen zwingt, einem angemessen vorkommende Entscheidungen zu treffen, die nicht von äußerlichen Zuständen oder Menschen bestimmt sind. Wenn das klar ist, hat man keine andere Wahl als das Weitermachen, es ist ja immerhin das interessanteste Abenteuer, das zur Verfügung steht, die Held:innenreise hin zu sich selbst. Und obwohl in Indien dieser Kampf auf den obersten Ebenen, also der Götterebene, stattfindet, herrschen dieselben Gesetze. Nur die illusionäre Form des Narrativs ist sonnendurchdrungener, und wenn diese kollektiv als erhaben erlebte Matrix auf einmal wie über Nacht in Schatten getaucht wird und die Geister in den dafür vorbereiteten Bildflächen verschwinden, da nimmt der tiefgrüblerische Geist Witterung auf, entfacht das Feuer, macht sich unabhängig von klimatischem Einfluss, bewegt sich aber kontinuierlich zu auf die Wärme des inneren und des äußeren Lichtes.

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