viel

Dieses Bild kam heute früh aus dem indischen Seinsort, und es ist eins von derart vielen Überschwemmungsbildern, die mir neuerdings zufließen, dass ich schon bitten musste, mir möglichst keine zwanzig hintereinander zu senden, damit ich oder sie selbst es fassen, wie viel Regen dieses Jahr nach beinahe 30 Jahren Monsoonlosigkeit gefallen ist. Der Regen ist nicht nur gefallen, sondern strömt immer weiter über alle Treppen und Ufer hinaus, sodass ich manchmal die Lupe nehme und rate, wie manche Leute in den mir bekannten Häusern überhaupt aus ihnen herauskommen. Der Sohn des Hauses, in dem ich dort wohne und mit dem ich gestern telefoniert habe, sagte mir, es gebe noch 20cm Spielraum, bevor das Wasser das Haus durchflutet. oder die Brücke nicht mehr überquerbar sein wird. Offensichtlich macht es aber auch kreativ, wie man auf dieser Luftaufnahme sieht. Oder wie R.D.Laing es einmal formuliert hat: Immer, wenn gestreikt wird oder es einen Notfall gibt, schauen wir einander in die Augen…every time there is an emergency, we look each other in the eye….Da man die Abwesenheit von Katastrophen in der Welt nicht beklagen kann, sondern eher darauf achten muss, nicht von ihnen überwältigt zu werden, stimmt es doch, dass anerkannte Katastrophen sehr viel menschliches Tun hervorbringen können, auch wenn dieses Tun meist zeitlich begrenzt ist. Nur zu oft bleiben die Geschädigten allein zurück in trostlosen Schicksalen, allein mit dem Unlösbaren, und wir, die wir davon hören, wissen wenig über die wundebaren Begebenheiten, die sich in Notsituationen entfalten können. Immerhin kann Mitgefühl und tiefes Verstehen über die eigene Geschichte angeregt werden, und es gibt nach wie vor nicht viel Besseres zu tun, als sich dem zu widmen, was man ganz persönlich als Katastrophe im eigenen Schicksalsdrama wahrnehmen kann, da, wo der vibrirende Urgrund seine schmerzenden Stachel hat, die, unbemerkt gelassen, zu solchen Handlungen führen können, die sich als Katastrophen formieren. Es kann einen schon mal als unheimlich anmuten, wenn man die gepriesene Vielfalt der Schöpfung, gepriesen sei sie in der Tat, wenn man diese Vielfalt in den stocknüchternen Momenten der Betrachtung als eine Menschheit mit gestörten Kindheiten sieht. Vielleicht ist das Ausmaß an Gestörtsein, das wir an uns Menschen entdecken können, genau das, was wir „das Schicksal“ nennen, sozusagen die Alchemie unserer Grundbedingungen, mit denen wir uns auf den Weg machen müssen, wo auch immer hin, und von wo auch immer weg. Immerhin gibt es mindestens zwei Optionen. Eine ist, dass ich die Schicksalsfäden kontinierlich in die Muster meines Teppichs einwebe, sie also mitnehme und immer weiterwebe, ja…bis wann, und kommt es vor allem auf die Gestaltung der gewebten Muster an? Oder ich entdecke eines Tages, dass der Teppich fertiggeknüpft werden kann, und nun kann man alles Mögliche damit machen, als Schmuck, als Fahrzeug, als Märchenteppich, als wärmende Materie des Durchdrungenen oder den Künsten Entrungene. Nein, ich bin nicht mein Teppich, aber mein Teppich zeigt mir die Bilder meiner Geschichte, vielleicht ähnlich wie es mir die Tätowierten manchmal erzählen, dass die Bilder ihren Lebensweg darstellen. Ich bin nicht mein Teppich, aber er ist kostbar und liegt an meinem Herzen herum am Stamm des Banianbaumes.

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