Kiosk

Auf dem Bild kann man einen der vielen fahrbaren Läden bzw. Transportmittel sehen (hier über Nacht zum Schutz verschnürt), die überall aufgebaut werden und für viele Menschen wertvolle Dienste verrichten. Sind sie kein Laden, kann man darauf sitzen und sich mit Gepäck irgendwo hinschieben lassen. Manchmal, wenn zu viele sich  am Straßenrand häufen, passiert es auch, dass die Polizei kommt und sie verscheucht. Wird in der Hintergasse ordentlich gezahlt, kann es sofort weitergehen mit dem Business. Andere bewegen sich durch die Straße und rufen ihre Ware aus, oft nur ein Item wie Erbsen oder Zwieback, und alle habe ihre Kunden. Neulich habe ich mal erfahren, dass ein reicher Mann, der zwei Häuser im Dorf hat, auch so einen fahrbaren Kiosk besitzt, einfach so, vielleicht ist es zuhause zu öd und er hat alles erreicht, was er wollte. An einer Seitenstraße des Bazaars, wo ich vorbeikomme, wenn ich Prakash besuche, steht auch so ein Ding. Eine Frau verkauft dort Zwieback, Butter und Milch (mit Eisfach). Da kaufe ich dann auch meine Milch und die Butter und habe bemerkt, dass sie mir nie richtig Wechselgeld herausgibt. Einmal wollte ich meine zwei Rupien wieder haben, dann habe ich mal nicht aufgepasst und es waren gleich vier. Dann nochmal zwei. Als ich sie fragend anschaue, schaut sie herausfordernd zurück und sagt so was wie „is was“? Gestern habe ich das Prakash erzählt und wollte mir von ihm das entsprechende Vokabular in Hindi holen, damit ich mich ordentlich beklagen kann. Sein Sohn hat mir dann alles übersetzt, die Butter war 46, die Milch 20, wie viel macht das, mmmmhhhh? Das macht 66 und du hast mir (schon wieder) von hundert Rupien nur 70 herausgegeben. Den Satz „du bescheißt mich“ habe ich selbst fallen lassen, aber „du denkst wohl, wir Bleichgesichter seien alle doof?“ hätte ich selber auf Hindi gut hingekriegt, nur mit den Zahlen hapert’s was. Dann meldete sich Prakash mit der Stimme des Kristallkugellesers und sagte: „Kannst du dir vorstellen, wie sie sich freut über 4 Rupien, oder auch zwei? Wie sie sammelt und dann irgend etwas damit machen kann? Sie schaut, ob du das begreifst. Sofort mutierte etwas in mir zum Zwerg, als das Schwert der Weisheit ins Zwergenanteilherz traf. Da dachte ich, ich muss der Frau mal was klar machen, , dabei werde ich charakterlich überprüft! Der indische Geist kann überraschen, vielleicht mag ich ihn deshalb so sehr, und es schmerzt zuweilen, dass so viel dieser Beweglichkeit langsam verloren geht. Ich muss gestehen, ich fühlte mich befreit. Wie lächerlich kam es mir jetzt vor, wegen ein paar Rupien so einen Zirkus zu veranstalten. Da ich diese Szene jetzt los war (und ja auch nicht gezwungen bin, dort weiterhin hinzugehen, um die Frau in ihren Nebenverdiensten zu unterstützen), konnte ich mit Abdul, der in der Nähe saß bei seinem Chaishopfreund (Chai-Shop-Freund), einen chai trinken und eine interessante Geschichte hören, die mir Bal Krishna aus Sind erzählte, die allerdings so lang war, dass man jetzt das Thema „Kiosk“ vollends aus den Augen verlieren würde. Ich kenne einige Kioskbesitzer, OmJi zum Beispiel, bei dem man die besten Pakoras bekommt, wenn er nicht wieder mal angeheuert wurde von einer Hochzeitsparty, oder neben ihm Ramesh, der Obstmann. Da die Wägen ziemlich viel Raum einnehmen und gekonnt handgesteuert werden müssen, bezweifle ich, dass sie sich bei der rasanten Vermehrung des Verkehrs noch lange halten können. Da muss ich mich ausnahmsweise mal an den Gott der Kioske wenden und auf den großen Verlust hinweisen, wenn seine Leute ihre Künste nicht mehr auf vorbestimmte Weise darbieten könnten.

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