Rehab

So, angekommen seit gestern im Großreich der klinischen Ordnungen. Nicht, dass einen wegen der außerordentlichen, von außen her auf einen wirkenden Fremdheit man gleich zum Stift stürzen will, um sie mit der eigenen Fremdheit in Balance zu bringen, nein. Man will überhaupt und vor allem nicht stürzen. Es dämmert jedoch bald, dass die ohne Gehhilfen Voraneilenden vermutlich zum psychosomatischen Trakt gehören, während andere, also wir Vierbeinigen, in den orthopädischen Gängen herumtrapsen, aus ebenso vielen verschiedenen Gründen, nur körperlich sichtbarer. Beim ersten Abendessen will ich mir den Saal mal ansehen und stoße, der Glockenturm hat gerade mal die Essenszeit angekündigt, auf ungefähr 150 bereits essende Menschen. Man könne auch früher kommen, erklärt man mir. Eine Unmenge von Informationen muss aufgenommen werden, schon bekomme ich mit, dass sich einige vom Trainingsstress beurlauben lassen. Ähnliches stelle ich für mich auch in Aussicht  in der dreiwöchigen Zukunft. Aber freundlich sind sie alle, das erzeugt wohl die eigene Not. Ich lasse mein Abendessen zu einem Tisch am Fenster tragen, wo eine der wahrscheinlich jüngsten Patientinnen sitzt. Sie sucht nach Gründen für schmerzende Schultern, die ihr ganzes Leben aus den Angeln gehoben haben. Sie weiß nicht, ob sie schon etwas darüber herausgefunden hat und fühlt sich zu jung, um schon Distanz zum lebendigen Strom genießen zu können. Heute früh sitze ich dann bei einem gerade mal ein paar Worte Deutsch sprechenden Mann, der gleich entlassen wird, ich gratuliere. Ein ewiges Kommen und Gehen. Sand, Ebbe und Flut. Erstaunt hat mich die Helligkeit meines Zimmers, wo ein Architekt sich richtig Mühe gemacht hat, um alles mal etwas  origineller zu gestalten, viel Spiegel und kecke Formen um andere Formen herum, und riesiger Stauraum für Mitgebrachtes. Entweder das Telefon klingelt, um einen irgendwo hinzubefördern, oder man schaut erstaunlich oft auf die Uhr, um anstehende Termine nicht zu verpassen. Wieviel  Eingebung hier außer all dem noch möglich ist, muss sich zeigen. Im Aufzug fragt mich eine Krankenschwester, ob ich Künstlerin sei. Ich zögere. Neulich hatten wir schon mal eine Künstlerin, meint sie. Wie erkennen sie die denn, frage ich zurück. Sie ziehen sich immer etwas anders an, das mag wohl sein. Jetzt muss ich zur Chefarztvisite.

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