(Ge)Stein(e)

Als ich das erste Mal in das Rund hereinkam, spürte ich zuerst einen Unterschied in der Atmosphäre zu allem, was ich bis dahin erspüren konnte. Es war wie ein Schock, in so einer anderen Welt wie selbstverständlich auch anders atmen und denken zu können. Alles wirkte so gehalten in der allgemein förderlichen Anstrengung eines täglichen Gutseins, das seine Resultate in weitere Leben vorauswerfen sollte. Es war sehr still und gedämpft vom Wüstensand und noch ruhend in sich und dem Alltag, und doch voller vibrierender Lebendigkeit. Ziemlich viel ist ja in uns selbst angelegt und wir wissen oft selbst nicht, warum uns das Eine mehr zusagt als das Andere. Um hier vor Ort zu sein konnte ich ohne geringste Bedenken ein ganzes Haus voller Schätze zurücklassen. In der Tiefe hatte mich etwas getroffen, etwas angesprochen. Auch deswegen gibt es die Treue: zum Menschen, zum Tier, zur Welt, zum Wesen des Vorgefundenen, zur rechtmäßigen und nüchternen Wertschätzung des Wunders. Eines meiner offenen Geheimnisse war immer  meine Verbundenheit zu den Steinen. Sollte ich eines Tages nicht mehr nach Indien kommen können oder wollen, dann könnte ich wohl innen mich wandernd an fast jeden der geliebten Steine erinnern. Das betrifft nur den Rundgang, Paricrima genannt, die Umwandlung, von der gern geglaubt wird, sie mache unsterblich, zumindest fünf Tage im Jahr, wie es Brahma, der Boss des Ganzen, letztendlich versprochen hatte. Könige haben keine Ausgaben gescheut, Terrassen und herrliche Bauten über dem Wasser zu errichten, nicht nur für sich, sondern für alle. Da gehe ich seit vielen Jahren über die Steine und an ihnen vorüber: die geformten Steine, die in Ritualen arrangierten Steine, die uralten Steine, die monsoonbearbeiteten Steine, Steine voller begreifbarer Schönheit und getränkt mit der Weltgeschichte und der Möglichkeit, alles in ihnen zu sehen, was durch sie in meinem Geist hervorkommt. Bis sie fließend werden wie Meer und Wolken, in denen die Schicksale sich flüchtig ins Äußerste vertiefen, nur um wieder Rahmen zu werden und Raum für weitere Eingebung und innere Dehnungen zur Achtung des Unvorstellbaren hin. Auf dem Rundgang ist jetzt das Zeitliche erschienen und man muss eingeweiht sein durch Erfahrung: wo noch die alten Steine sind, die einen erschaudern lassen im Hereingenommensein, Augen und Füße nah beieinander in freudiger Erschütterung. Als Berge noch Pyramiden waren und die Sphinx bei uns in der Wüste.


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