Klause

Da, wo nichts zu sehen ist, erschafft man gerne und schnell etwas, was man zu sehen glaubt. Auf dieser Ebene kann der Glaube genau so hartnäckig sein wie der religiöse. Überhaupt ist es simpler, wenn man nicht alles genau wissen will, denn dadurch wird es komplex, und wenn die Komplexität der Wahrnehmungen nicht durchgearbeitet wird, gibt es Stau und geistige Verstopfung, vor allem, wenn man durch sich selbst wenig umsetzt von dem Hereingelssenen und Durchsortierten, sondern immer neue Ware zulässt, bis man den Überblick verliert über das Angesammelte und ein Druck entsteht mit einer Ahnung verbunden, dass man das alles nicht mehr bewältigen kann. Nicht umsonst, ja, gar nicht umsonst haben die Weisen der Erde darauf hingewiesen, dass weniger mehr sein kann. Nicht zuletzt, weil es dann einfacher wird, an den Staub heranzukommen, der sich gerne auf Geist und Materie legt. Von meinem eigenen Pandemie-Durchgang könnte ich (u.a.) sagen, dass ich den Glückskeks gegessen habe mit optimalen Bedingungen, die eine gewisse Gelassenheit ermöglichen, soweit der Zustand des Planeten das zulässt. Denn auch wenn man die Eremit(en)innen-Klause zur Verfügung hat, weiß man doch tief im Inneren, dass es sie nicht mehr wirklich gibt, zumindest kann nur ein Teil in mir in dieser Richtung weiterleben. Ich bade auch nicht häufig in dem noch größeren Glück, lange genug in einer Welt, in diesem Fall der indischen, gelebt zu haben, als Indien noch glaubhaft vermitteln konnte, dass es das Göttliche gibt. Dass hohe Ordnungen, die man wegen ihrer unerbittlichen Logik akzeptiert, einem wie eine liebende Mutter die Kraft schenken können, das Unerträgliche tragen und das Unfassbare fassen zu können. Und daher weiß ich, dass, hat man sich einmal wirklich eingelassen auf eine Erfahrung, zumindest soweit wie es einem möglich war und ist, man einsteigt mit sich in die Dichte des Rätsels. Denn Rätsel wird es bei aller Belichtung wohl bleiben. Man darf ja nicht vergessen, dass ständig alle mitweben am Teppich, und selbst der kostbarste der Teppiche kann fadenscheinig werden und die Muster keine Erneuerung mehr kennen. Und dann gibt es natürlich schon so ziemlich alles, was man denken kann, und die Frage, ob überhaupt unter Menschen etwas Neues geschehen kann, ist und bleibt eine gute und aktuelle Frage. Manche wollen die Reinheit Marias feiern, wie ich heute zufällig im letzten Satz des Priesters vor den Nachrichten hörte, denn sie war wohl auch nach der Geburt des heiligen Kindes viele Tage unrein, bis sie dann wieder rein war und der Junge dem strengen Gott vorgeführt werden konnte. Oder aber Joseph Beuys, der offensichtlich nicht anders konnte, als sich selbst ins Spiel bringen. Das war in seiner Seinskunst schon alles ziemlich frisch, nur kann es natürlich keiner nachmachen, weil niemand außer Beuys Beuys ist, daran sieht man, wie selten das ist. Und vielleicht war es (nur) die Liebe, die in ihm steckte, eine starke Liebe, die sich dem Schein nicht beugte, sondern er hatte sich, über welchen Weg auch immer, einen Raum erschaffen, wo er sich zeigen konnte und sein konnte, wer er war. Das weiß natürlich nur der Mensch in seiner oder ihrer akzeptierten Einsamkeit, wer genau das nun  ist hinter dem, was Andere für eine Maske wie ihre eigene halten, aber vielleicht wissen er oder sie es auch nicht.

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