freie Fahrt

Das Photo kommt aus dem Zeit Magazin, eine Anzeige für eine Ausstellung in den Hamburger Deichtor Hallen. Mein Interesse an Tätowierungen hält sich in Grenzen, obwohl ich immer wieder hinschaue, wenn die Designs, für die sich ein Mensch meist lebenslang entschieden hat, aus T-Shirts, Ausschnitten oder Hosenbeinen hervorquellen. Manchmal frage ich nach, zum Beispiel bei manchen jungen Travellern in Indien, die die total schwarz tätowierte Flächendeckung offensichtlich für den Ausdruck ihres radikalen Innenlebens genutzt und ein Später mit schwarzem Gesicht oder Rücken oder Bein noch nicht ins Auge gefasst haben. Es gibt ja auch die künstlerisch ansprechenden Körperdekorationen, das finde ich dann auch mal nachvollziehbarer als z.B. so ein Blümchen an der Schulter herumhängend. Seit es kaum mehr eine Aldi Angestellte ohne Tätowierung gibt, weiß man, dass diese Freiheit, vielleicht eine der letzten, nämlich auf der eigenen Haut eine mehr oder minder persönliche Geschichte einritzen zu lassen, dass diese Seinsvariante im Volk angekommen ist und reichlich genutzt wird. Anregend finde ich nun durch dieses Photo die Idee, sich einen einzigen Satz auf den Körper tätowieren zu lassen, von dem man denkt, er könnte einen mühelos durchs Leben begleiten und auch eine Grundeinstellung kommunizieren, die  Andere bei gegebenen Umständen ablesen können. Deswegen gefällt mir das Photo, denn der Satz, sehr schön montiert wie ein Schmuck, ist ein solcher Satz, der durch eine gewisse Lebenszeit Aussagekraft behalten kann. Dieser im Photo solchermaßen ausgestattete Mann wendet sich sozusagen an die Menschheit mit der Bitte, ’seine Reise nicht zu beurteilen‘. Das ist ohne Zweifel ein wohlbedachter Satz, der vermutlich auch den Photographen zu dem Bild animiert hat. Man kann sich zum Beispiel nach dem Samstagseinkauf irgendwo in die Spätherbstsonne setzen und, wenn einem nichts Bedeutsameres einfällt, darüber nachdenken, was wohl der eine, aber nur der eine, einzelne Satz auf dem eigenen Körper wäre, hätte man sich entschieden, so einen fürs Leben zu finden. Es gibt ja bereits diese Geschichte vom König, der seinen Regierungscoach beauftragte, einen Satz zu finden, der immer wahr wäre. Und dieser kluge Kopf kam mit dem genialen Satz „This, too, shall pass“, denn in der Tat: alles wird vorübergehen, nicht nur man selbst, sondern auch alles andere, früher oder später.  Von den Sätzen, die sich in der Menschheitsgeschichte als unbestreitbare Wahrheit durchgesetzt haben, gibt es nicht viele. Vorübergehend hat alles Aufgetauchte seine Realitäts-und Wahrheitsgehalt, aber so ganz frei von Lehre und Moral sind die wenigsten. Einer schwebt mir gerade im Kopf herum, aber ich muss noch warten und schauen, ob er dem Anspruch des ewig Gültigen gerecht wird. Ein anderer fällt mir nicht ein, und weit entfernt ist diese Idee von Einritzungsvorgängen. Man könnte es vielleicht mit einem T-Shirt wagen, da trifft mich unversehens, wie meist am Samstag, der Geistesblitz!!! Es gibt ja bereits im Schrank bei mir das T-Shirt mit dem Satz, der m.E. geradezu unübertrefflich ist und sich auch auf nahezu jeder Haut trefflich machen würde: ‚Being human‘. „Menschlich sein“ wäre natürlich schon wesentlich schwieriger, obwohl es nur eine Übersetzung ist. Daher: Dieser potentielle Treffer soll natürlich weiteren Anregungen nicht im Wege stehen.

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