wichtig

Das Erschrecken und das Entsetzen gab es auch schon immer. Menschen hatten lange keine Kameras und es blieb den dafür Begabten überlassen, Kunde zu tun von den Abarten der Unmenschlichkeit, bezeugt von menschlichem Auge, mit dem Mund oder mit dem Pinsel oder mit dem Stift. Leider hat auch die wichtige Darstellung dessen, was niemals in einem „Wieder“ auftauchen dürfte, keine Wirkung gehabt. Was bleibt einem übrig unter den vielen Möglichkeiten, es zu sehen, es auch mal als eine offenbar unausweichliche Zusammenballung von vernichtungsbereiten Kräften zu sehen, auch aus den Haushalten der Weltgemeinde bekannt. Denn wo sollte der Samen für derartige Eskalationen liegen als in der Herkunft des Menschen, die sich dann als Beteiligte sehen, ohne dem sich erzeugenden Selbstläufer etwas entgegensetzen zu können. Tragödie ist der Begriff dafür. Wenn der Witz in den Rachen erstirbt und die Komödianten vom Schlachtfeld gefegt werden. Das ganz und gar Sinnlose wedelt mit seinem faulen Zauberstab, und dann sitzt wieder einmal so ein mit Medikamenten vollgepumpter Spieler am menschenfeindlichen Tisch und ist damit beschäftigt, die vermeintliche Ich-Größe mit allen Mitteln und um jeden Preis zu verteidigen und zu zementieren. Und gelingt das nicht, dann wird’s wirklich gefährlich. In dieser Phase bewegen wir Lebenden uns gerade, denn was eben nicht immer da war, das sind wir, beziehungsweise ich war noch nie so da, wie ich jetzt bin, und natürlich habe auch ich mich (zum Glück) eine lange Zeitlang in der Annahme wiegen können, dass Frieden auf Erden durchaus möglich ist, wenn man die ständig brodelnden Kriegsherde in anderen Regionen mal nicht fokussiert. Denn man wird sich der Bedeutung von Frieden erst gewahr, wenn er in Gefahr ist. Und wenn man auch vieles, was man denkt, nicht an den Kaffeetischen vorträgt, so muss man doch eine einigermaßen authentische Erfahrung des Friedlichen machen, um für sich selbst einzuschätzen, um was es da geht. Gottfried Benn sagte am Ende eines seiner wunderbaren Gedichte, dass er sich oft gefragt habe und keine Antwort habe er gefunden, nämlich woher wohl das Sanfte und das Gute komme, und dass er es auch heute nicht wisse und nun gehen müsse. Einmal hatte ich mir geschworen, nicht gehen zu müssen (weil ich es nicht weiß), sondern einerseits unermüdlich zu brüten über dem geheimnisvollen Ei, bis die Schale zerbricht und der Inhalt sichtbar wird. Und wird einmal der Inhalt sichtbar, kann man andere Kräfte aktivieren, die hier richtungsweisend sind. Zuweilen zeigt sich als einziger Schatten zwischen dem Hier und dem Dort der Würgegriff der Todesangst. Da meldet er sich wie von selbst, der japanische Satz „Es gibt Wichtigeres als das Leben.“ Der Schrecken malt sich als Haiku auf die Geisterwand. Wann könnte das also sein, wenn es überhaupt sein kann, dass es Wichtigeres gibt als das Leben?

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