nachschlagen


Maß nehmen am Firmament
Während es in Indien auch für mich unmöglich ist, einen Vollmond zu verpassen, da außer dem Sehen auch noch gebetet und getrommelt und gefeiert wird, passiert es mir hier öfters, das Verpassen des Vollmondes. Nun ist aber gerade der Himmel mal wieder fast wolkenlos, und so war er also nicht zu übersehen, oder sie, die Chandra Mata, wie er in Indien heißt, wo er weiblich ist, und wenn es sich ergibt, dass der ganze Umfang dieses Mondes zeitlich noch vor mir liegt, dann will ich auch genau wissen, wann er oder sie die ganze Fülle erreicht. Das habe ich dann  nachgeschlagen und dieses Bild gefunden. Auch der Satz stand irgendwo im Mondkontext, leider nicht von mir, denn hier ging es um eine Methode des Messens, während dieselben Worte einen poetischen Schub in mir auslösten. Maß nehmen am Firmament! Außerdem kann man sich den Satz  vorstellen als eine sehr praktische Übung, die ganz einfach durchführbar wäre: man liegt nachts irgendwo herum und starrt eine Zeitlang ins Firmament hinein, und schon, viel schneller als man denkt, hat man das angemessene Maß zur Verfügung. Einerseits mein Winzlings-Ich als erstaunlich Bedeutungsloses, andrerseits kann ich genau von meinem Seinspunkt aus ein unbegrenztes Maß wahrnehmen, und es ist diese Fähigkeit der bewussten Wahrnehmung, die den Menschen vom anderen Menschen, dem Tier und den Pflanzen und den Dingen unterscheidet. Auch das mag ein Fehlgedanke sein, denn was wissen wir schon von anderen Wahrnehmungen als unseren eigenen. Immer bleibt da eine Distanz zwischen mir und dem Unendlichen, das ich nicht bin.(Oder bin ich es doch.) So bleibt mir nichts anderes übrig, als es durch mich zu verstehen, was es wiederum spannend und unterhaltsam macht. Neulich erfanden wir ein simples Spiel, bei dem wir jeweils zwei Worte in einen Behälter legten. Dann nahmen wir in einer neuen Runde davon e i n Wort heraus, um das herum wir, ohne dass die Anderen das Wort kannten, etwas über uns aussagen sollten. Ich bekam das Wort ‚Ortung‘, das ich in meinem Leben vorher weder bewusst gehört noch ausgesprochen hatte, mich aber sofort vertraut damit fühlte. Klar, es hatte ‚ORT‘ in sich, ein Wort, mit dessen drei Buchstaben ich bereits früher gegaukelt hatte, ROT und TOR eben, das kann nicht jedes Wort. Doch Ortung ist ja nochmal was anderes. Was bedeutet es denn, fragte ich mich und schaute nach bei Meister Wiki, und da passierte etwas völlig Unerwartetes. Ich las gebannt: ‚Als Ortung werden Verfahren bezeichnet, mit denen die räumliche Position entfernter Objekte im Verhältnis zum Beobachter ermittelt wird. In der Regel wird hierbei in bestimmter Richtung eine Distanzmessung vorgenommen. Dafür können Signale ausgesandt werden, die vom zu ortenden Objekt durch Reflexion zurück an den Sender gelangen, so etwa Licht und Schallwellen‘. Zwar fand meine Aufnahme des Gesagten auch hier auf der poetischen Ebene statt, aber ich muss gestehen, wie verblüfft ich war, mich derart durch die Definition eines Begriffes verstanden zu fühlen. Hier sind ja sehr schnelle innerliche Vorgänge am Werke, die zu einem Resultat führen, das man nur selbst verstehen kann. Käme man in die Situation, es, zum Beispiel durch eine Nachfrage, erklären zu müssen, müsste man sich was Naheliegendes ausdenken, was wiederum der eigenen Erfahrung oft in keiner Weise entspricht. Aber der Mühe wert ist es trotzdem.

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