ursprünglich

Der Film von Beuys tauchte wieder auf, diesmal im Haus, und klar möchte man ihn noch einmal sehen, denn es sind schon (wieder) ein paar Jahre her, dass wir ihn gesehen haben in einer Zeit, als die Filmtheater noch geöffnet hatten.Für mich war er auch ohne Lockdown nur der e i n e Film des Jahres, auf den man sich von vorneherein gerne einlässt. Bei den Aktionen von Beuys kann man sich  gnadenlos einlassen, denn regt sich bei seinen Performances  noch der Wunsch, etwas zu verstehen, lässt man es bald sein und ist erstaunt, dass man trotzdem etwas versteht, oder vielleicht gerade deshalb. Man versteht Beuys, und was man nicht von ihm versteht, das erklärt er, stets in konsequenter Eigenwilligkeit, dann aber doch sehr präzise. Ach ja, jetzt mache ich genau dasselbe, was ich eigentlich vermeiden wollte, nämlich zu dem, was man meint, Beuys gewesen sein soll oder war oder aber vielleicht gar nicht oder noch nicht oder überhaupt nicht, da noch etwas hinzuzufügen, kommt einem oder kann einem vor allem im Beuys Jahr ziemlich überflüssig vorkommen. Spricht man jedoch über Beuys mit Anderen, als in diesem Fall über den Film, dann merkt man schnell, dass es sich doch lohnt, denn man ist, ob man will oder nicht, mit dem gänzlich Undeutbaren konfrontiert. Durch seinen Flugzeugabsturz, meinte er, hätte sein ‚Dachschaden‘ ihn zurechtgeschossen. Und in der Tat wirkt er auf vorherigen Photos wie ein braver, hübscher Soldat, der dann den stark veränderten Rest seines Erdendaseins damit verbrachte, seine Wunde zu zeigen. ‚Zeig mir deine Wunde‘ – ein wunderbarer Satz. Mit dem Zurechtgeschossensein meinte er vielleicht einen bis dato ungesehenen kleinen braunen (Nazi)Fleck, der sich in seiner Psyche hätte ausbreiten können und nun durch den Sturz einfach abfiel von ihm wie ein fälschlich getragenes Wahrzeichen. Auf jeden Fall scheint er (der Sturz) die Wirkung gehabt zu haben, die ihm, Beuys, keine andere Wahl mehr ließ als sich selbst zu manifestieren, was ihm zweifelsfrei gut gelang. Man sagt, er habe den Kunstbegriff erweitert, aber vielleicht ging es mehr um die Erweiterung, die in Beuys stattgefunden hatte, sodass vor allem auffiel, dass bei aller Intelligenz seines Auftretens die Hemmschwelle zwischen ihm und den Menschen kaum existierte. Oder aber in solchem Ausmaß existierte, dass es ihm gelang, bis dato in der Kunstwelt unbekannte Provokationen auszuleben und sich an ihrer Wirkung zu erfreuen, denn Provokation ist ganz eindeutig ein aufwühlerisches Element, das man in bestimmten Zeiten und Umständen einsetzen kann, wenn man dafür geeignet ist. Was er in meinem Samstagsbeitragsfreiraum zu suchen hat, oder was ich durch ihn durch den Spalt hereingeholt habe, ist der Kontext zu den Gründonnerstags-und Karfreitags-Tagen, wo Einer, den man auch gerne den Heiland nennt, von der oberen und der unteren Schicht der  Gesellschaft vernichtet wurde, da deutet man ja auch bis heute so vieles hinein. Das ‚auch‘ gilt dem Titel ‚Heiland‘, den die ‚Zeit‘ in einer der letzten Ausgaben mit Beuys verbunden hat, vermutlich mit Ironie. Aber dass der Begriff überhaupt auftauchte, lässt einen doch nachdenklich werden. Ein Heiland, der nur Künstler sein wollte, wenn alle Künstler sein durften, sonst gar nicht. Unleugbar ist es aufschlussreich, über ihn nachzudenken, und vielleicht gerade d a n n, wenn man am liebsten damit aufhören würde. Man steht dem Ungewissen frontal gegenüber, denn um es zu erfassen, kann es auf Reflektion und Form nicht verzichten!  Daher die anregende Unruhe undsoweiter.

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