Zwickmühle

Mir fiel, nicht von ungefähr, der Beitrag eines Comic Schöpfers in der FAZ ein mit der Überschrift: In der Zwickmühle. Der Held, dessen Name mir leider nicht mehr einfällt, sagt immer nur einen Satz, und diesmal war es: ‚Zwischen Malheur und Schlamassel, Bredouille und Fiasko fällt die Wahl schwer.“ Es fiel mir ein, weil ich mich in einer Unterhaltung mit einer Freundin, die ich schon sehr lange kenne, immer wieder mal kurz in einer Zwickmühle landen sah. Es ging um den Umgang mit einem großen Skandal, in die ihr hochgeschätzter, spiritueller Lehrer ohne Zweifel rechtmäßig verwickelt war, und ‚war‘ nur deshalb, weil er neulich, ein Jahr nach den Vorwürfen und Enthüllungen, das Zeitliche zwar nicht mehr so richtig segnen konnte, aber trotzdem gegangen ist. Die Beschuldigungen waren z u eindeutig, der Missbrauch von Frauen, Ausbrüche ungehemmter körperlicher Gewalt und, das schon als Nebenprodukt, die Veruntreuung von Finanzen. Meine Freundin trennte klar zwischen gutem Lehrer und allem Guten, was er so getan haben soll, und wie vielen SchülerInnen er schon gebenefited haben soll. Auch der vermutete Benefit kann eine Verdunkelung der Vorgänge sein, muss nicht, kann aber ziemlich häufig. das war auch in meiner meditativen Ausbildungsstätte so. Schulen können errichtet werden als Mundstopfer gegen die vom Land vertriebenen AnwohnerInnen, für ein paar jeweilige Millionen, gegen die sie nicht ankamen. Viele Schlösser wurden errichtet in West und Ost von den Opfergaben der Gläubigen. Die Zwickmühle also zum Beispiel: kann ein Lehrer, der seine SchülerInnen missbraucht hat, ein guter Lehrer sein. Das ist ja hierzulande schon eine ganze Weile eine brennende Glutfrage gewesen, nämlich ob ein Mann gleichzeitig Mörder, Gaskammererfinder und liebevoller Vater sein kann!? Kann er?! „In allem Dunkel ist auch ein Licht“,  klagt sie mich an, die sich (ich mich) nicht überzeugen lassen will und kann, und in der langen Missbrauchsgeschichte des Mentors eher das Licht suchen muss und es nicht finde. Für mich (als Mensch) lässt eine vergewaltigte Frau  erstmal kein Licht mehr zu. Das ist kein Klacks, ein Leben zu zerstören. Mühelos geht es zur nächsten Bredouille über, denn ein Mann und eine Frau finden in einem Gespräch über das Thema, dass Frauen auch oft sehr dumm sind, sich auf bestimmte Situationen einzulassen, und das mag vielleicht in vielen Fällen so sein. Aber es geht gar nicht darum. Es geht darum…..ja, worum geht’s mir. Mir geht es u.a. darum zu erkennen, dass die vorherrschende Komplexität der Zeit zu der Erkenntnis führt, dass die meisten geschlossenen Gesellschaften, in die „Außenstehende“ keinen Zugang haben, Brutstätten des Missbrauchs sind, und da es schon angekommen ist in der Gesellschaft, soll weiterhin viel darüber geredet werden, ernsthaft und so tief wie möglich, damit das bewusst Verschwiegene und das Unsägliche endlich einmal Worte sucht und sie auch findet.

One thought on “Zwickmühle

  1. Anja Antworten

    Es ist zu hoffen, dass es genügend Worte gibt in dieser beschränkten Welt für all das Unausgesprochene, denn das Schweigen, aus welchem Grund auch immer, nährt das Ungerechte, Unverzeihliche und Unerträgliche. Kaum auszudenken, wie schnell die Macht verschwinden könnte, wenn das Tabu des Schweigens gebrochen ist und es genügend Zuhörende gibt. Dann kann die Scham die Seiten wechseln!

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