placebisch *

Eine unserer Gäste brachte eine „Smoothie“-Flasche mit. Schon das Wort Smoothie ist mir unangenehm, aber es ist nun mal eine Smoothieflasche von der Firma „true fruits -no tricks“, von der ich noch nie gehört hatte. Doch nun war sie da, und auf ihr stand etwas über Aristoteles, mit dem Zitat: ‚Alle Menschen streben von Natur aus ins Kissen‘. Wie wahr, darf man ja auch jetzt sagen, nachdem man schon ahnte, dass das nicht der geistesstrenge Aristoteles gewesen sein kann, obwohl er damit wahrscheinlich mehr Seelen aus dem Herzen gesprochen hätte als der wirklich wahre Satz mit der Vermutung, dass alle Menschen von Natur aus nach dem Wissen streben, was die Beweisführung ja wesentlich mühsamer gestaltet, wollte man sich so ein Projekt vornehmen. Nun fand ich natürlich auch heraus, dass die Smoothie-Firma-Kreateure unter Beschuss stehen wegen anzüglicher Werbung, sich sozusagen ähnlich verzockt haben wie Boris Johnson gerade mit dem No Brexit Deal, auch ein ähnlich unangenehmer  Begriff, vielleicht passt das alles in seiner eigenen Art zum trüben Montag nach festlichem Wochenende.  Ich lese also noch ein wenig nach bei Lord Google über diese Firma und weiß jetzt, dass meine getrübte Einstellung zu Smoothieflaschen berechtigt war. Interessant allerdings, dass es in der Bevölkerung auf einmal zu einem Konsens kommen kann, der zeigt, dass es doch ein Gefühl für bzw. gegen Entgrenzungen gibt, und dass nicht alle Provokationen gut ankommen, auch wenn sie manchmal einen künstlerischen Reiz ausüben, der immer wieder gefüttert werden muss von Neuigkeiten aus dem Angebot. Irgendwann erhebt sich dann die Grenze, wo die Unsäglichkeiten sonst zu sehr verschwimmen würden. Nicht weit von dieser Ebene der Problematik entfernt habe ich in den Nachrichten hören können, dass die meisten Nahrungsergänzungsmittel, die sehr kranken Menschen wieder ins Leben verhelfen sollen können, zum Großteil völlig nutzlose und teure Substanzen sind, mit sehr wenig (ein bis zwei) Ausnahmen, sagte der Arzt. Aber meist nicht nur sinnlos und wirkungslos, sondern es besteht bereits der Verdacht, dass die Regierung eine Verhinderung dieser Ausbeutung der Kranken behindert, indem sie die gigantischen Gewinne nicht bremsen möchte. Natürlich kann man die potentielle Wirkung des Placebo-Effektes auch nicht verneinen, nur kann dieses unbegründete Vetrauen in angebotene Mittel sehr teuer sein, nun gut, jeder zahlt den ihr oder ihm angemessenen Preis. Wenn einem ein Preis unheimlich vorkommt, lässt man am besten die Finger davon. Andrerseits könnte ich, wenn ich es tatsächlich könnte, an ‚true fruis-no tricks‘ ein paar Vorschläge senden, die trotz des Weglassens von phallischen Phrasen ein Körnchen Wahrheit in sich tragen sollten, und auch nicht an den Worten eines als einer der Größten betrachteten Individuums verfälschend herumbasteln, das allein ist ja schon illegal. Zum Beispiel könnte ich den Satz ‚Die ganze Welt ist ein Placebo-Effekt‘ senden, das wäre ein bisschen oberfächlich und ein bisschen wahr, also das, was man unbedingt vermeiden sollte unter Menschen. Daher gehe ich jetzt gestärkt in den restlichen Montag hinein und schaue mal, was noch so alles möglich ist.
  • placebisch: Wortschöpfung, von Placebo, Arzneimittel ohne Wirkstoff. Bei dieser Gelegenheit fand ich heraus, dass „Placebo“aus dem Lateinischen kommt und „Ich werde gefallen“ heißt.

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