Sinn

In einer Mail wurde mir zugesprochen, immer „guten Zugang zu haben dazu, „Sinnhaftes“ zu entdecken“. So wohlgemeint es war, fühlte ich mich an mein gestriges Thema (Ruf) erinnert und die Zimbeln, die ich nie geschlagen habe. Das mag jetzt wie ein bombastisches Statement erscheinen, wenn ich sage, dass ich mich nicht erinnern kann, jemals nach einem Sinn gesucht zu haben (der meine Existenz erläutert?), d.h. die „Sinn-Suche hatte nie so ein Gewicht für mich, vielleicht, weil ich vom kosmischen Vorgang, so, wie ich ihn wahrnehme, gar nicht erwarte, dass er einen Sinn macht. Dass wir als Menschen aus Angst vor der absolut realen Gewissheit des Ungewissen, in das wir geworfen werden, unser Leben und die Welt, wie wir sie erfahren, mit „Sinn“ und der Suche danach vollstopfen, ist auch offensichtlich. Ich musste daran denken wie Menschen, die in der totalen Entfesselung eines Krieges (so wie jetzt in Syrien) jenseits von Sinn und Sinnlosigkeit geworfen werden, oft als Überlebende ihre wahrhaft schrecklichen Geschichten erzählen, ich aber auch in den Augen meiner Mutter dabei so ein tiefes Leuchten gesehen habe, das von der Erfahrung eines direkten Kontaktes mit dem „nackten Leben“ herrührte, als es aller imaginären Sinnhaftigkeit beraubt war und doch ein tief menschliches Erleben möglich wurde, das sie von äußerster Bedrohung über die eigenen Begrenzungen gebracht hat. Das ist der Krieg, wie kann man ihm Sinn zugestehen. Ansonsten findet die Befreiung von der Sinnsuche nur in der Praxis meditativer Wege statt. Vom prächtig missverstandenen „be here now“ oder dem „sieh alles, wie es wirklich ist“ geht es um das Loslösen von der Sinnverhaftung, obwohl die meisten Suchenden gerade an solchen Orten den „Sinn“  suchen, und deshalb oft nicht zu Findenden werden. Auch hier in Indien kann ich keinerlei „Sinn-Suche“ sehen, außer man sieht Gott oder die Welt der Götter als das einzig Sinnhafte, das sie anstreben. Aber Hindus empfinden die unangezweifelte Gottverbundenheit ja nicht als einen „Sinn“, sondern sie benutzen die angebotenen Wege, um in größere Nähe zum göttlichen Sein zu kommen. Auch in meiner „Tempel-Zeit“ habe ich keinen Sinn gesucht und auch keinen gefunden außer dem Angebot der Erfahrungsmöglichkeit. Das Universum wird gesteuert von Gesetzmäßigkeiten, die zu erkennen und zu verstehen sind. Die Sinn-Bemühung ist nicht eines seiner Ausdrucksformen, vielleicht wird es deswegen oft als kalt empfunden. Ursache und Wirkung ist eines der grandiosen Gesetze, die zu befolgen uns überlassen ist, deswegen die mächtige Bürde und das Geschenk der Freiheit. Zu sehen, wie es wirklich i s t, letztendlich wie und wer ich wirklich bin, was ich tue und was mein Tun bewirkt, und ob ich bereit bin, dafür die volle Verantwortung zu übernehmen.

 

 


Leave a Reply

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert