Makr Sankranti (Drachenfest)

 

So, pünktlich zum 14. Januar haben wir Makr Sankranti, das Drachenfest, einerseits Erntedankfest, und soll auch, da „Makr“ Steinbock heißt und Sankranti „Übergang“, der Übergang zu diesem Zeichen sein. Es ist hier aber auch ein gefährlicher Drachen im Spiel, der die Kinder von den Balkonen, Dächern und Terassen herunterholt oder ihnen mit der als chinesischer Killer bezeichnetetn und verbotenen Glasschnur „Manjha“ die Kehle durchschneidet. Das sind dann wahrlich tödliche Überreste des Festes, das dafür bekannt ist, dass man durch Spenden sein Karma aufmöbeln kann, ja, was heißt aufmöbeln, denn man kann, wie ich höre, sein gesamtes schlechtes Karma mit einem einzigen Bad heute löschen. Daher planscht es schon am Wasser in aller Hergottsfrühe gruppenweise, und danach sind alle unterwegs, entweder um zu geben, oder um zu nehmen. Auf der Bazaarstraße  gibt es an jeder Ecke süß und salzig Frittiertes, und siehe da!, die Qualität ist vom Besten, denn bei den karma-beobachtenden und Karmabuch führenden Göttern macht die Neigung zum Mauscheln wenig Sinn, da sie nicht täuschbar sind wie Menschen. Die Vögel, denen man leider nicht zurufen kann, heute mal den Flugraum zu meiden, müssen auch dran glauben. Im Fadengewebe bleibt auch so mancher Fuß stecken, hoffentlich nicht meiner. Zähe Fäden sind das! Auf viel zu vielen Terassen werden von den Jugendlichen riesige Lautsprecher aufgestellt, und man wird von früh bis spät von Favoriten-Hits beschallt. An den alten Gemäuern nagt gewiss schon  der Techno-Zahn. Ja, und dann ist natürlich auch mächtig gute Stimmung! Ich habe mir über eine befreundete Sindhi-Familie wieder 100 Patangs (Drachen) aus Jaipur mitbringen lassen, best quality, da sie dort auch ihren Patang-Großeinkauf machen. Meine bringe ich in eine Gegend, wo sie schon wie jedes Jahr drauf warten, die 4-16 Jährigen. Die Szene gerät meistens außer Kontrolle, und ich bin froh, nach dem kurzen Freudentaumel wieder unterwegs sein zu können. Ich selbst habe nie Drachenfliegen gelernt, aber ich kenne aus eigener Erfahrung sehr wohl die Freude, Herz und Geist im Äther ungestört tummeln zu lassen.
Natürlich gibt es bei dieser Kunst der weiten Schnur auch Meisterschaft, bei der Manjha, die Killerschnur, verpönt ist. Man kann sogar einen Ehrentitel gewinnen und ist dann „Ustad“, ein Lehrer. Der Schüler heißt Shagird“. Man lernt Perfektion und Präzision im Drachenflug und im Schneiden andrer Schnüre. Diese Tradition soll es schon Hunderte von Jahren geben. In manchen Familien gibt es in jeder Generation einen „Ustad“. Dann gibt es einen Obermeistertitel, „Ushera“, den hatte  mal ein Mann namens Ahmuddin, der konnte 9 Drachenschnüre schneiden mit seinem Faden, bevor auch der zu Boden ging. Na bitte!

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Als ich vom Morgengang zurückkam, lag dieser schöne Patang unversehrt auf meiner Terasse. Von da aus auch der Ätherblick.


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