Coronavirus Göttin

Als dieses Video bei mir im WhatsApp Account ankam, war es natürlich viel kleiner und sollte nur einer gewissen Heiterkeit dienen, die auch in diesen seltsamen Zeiten nicht untergehen darf. Ob das nun wirklich heiter ist, dass ein indischer Mann einen Altar an die Coronavirus Göttin errichtet hat, um die vielen HelferInnen zu unterstützen, bleibe mal dahingestellt. Vielleicht ist es noch ein bisschen heiterer als die finsteren Verschwörungstheorien, die in den unergründlichen Wegen menschlichen Seins immer wieder Nahrung erhalten wie überhaupt alle Theorien, die erst sichtbar werden können, bis sich etwas davon ins Praktische und Überprüfbare verlagert hat. Und mit dem selbsternannten Priester könnte man natürlich auch nicht herumscherzen über diese für ihn göttlichen Ausuferungen, so ist man wieder mal mit allem allein, ach mein Indien, so schön und ach so schrecklich. Da haben sie (!?) sich wieder mal so ein Durga oder Kali Poster rangeholt und deklariert, das sei nun die neue Corona Göttin, und wer würde es wirklich wagen zu behaupten, das wäre sie nicht, denn wer weiß schon, wie irgend etwas in dieser Welt wirklich/wirklich ist, wenn  der Gott es auch nicht weiß. Deswegen muss die Göttin her. Es gibt sie als Luxusverteilerin, als kühlende Kraft bei Fieberkrankheiten und natürlich als Bezwingerin männlicher Dämonen, wenn wirklich alles aus dem Ruder gelaufen ist, sozusagen fünf vor zwölf, wenn sich  eine gewisse Totenstarre auf dem Planeten bemerkbar macht, die als das Normale deklariert wird. Ach ja, und eine Friedensgöttin gibt es auch in Indien, die aus einem Film herausgeboren wurde und nun als Mutter des Elefantengottes bekannt ist, und außer ihres Jobs geschätzt als Friedensausstrahlerin. Vielleicht ist es für viele Menschen ja auch angenehmer, sich an eine Lichtgestalt zu wenden, als auf einem hoffnungslosen Düsterstrahl durch das Dickicht menschlicher Meinungsausbrüche zu kämpfen. Beides muss natürlich nicht sein. Tatsache ist, dass sich das Wort ‚Corona‘ unermüdlich und mit zäher Penetranz in die undurchdringlichen Korridore mentaler Denkvorgänge eingeschlichen, ja, gar eingenistet hat, und wer kann wissen, welche heimlichen Eier das sich selbst erzeugende Phänomen unter uns unmerklich noch ausbrütet. Es gibt vieles zu tun. Man kann sich noch gründlicher von jeglicher Mutationsform der Hoffnung befreien, eben davon, dass etwas, was geistig gemeinsam gestaltet wird, schnell auch wieder abzwitschert, nein, es will bleiben, weil es sich vermutlich als daseinsberechtigt erfährt. Nun gibt es in der Gegend, in der ich wohne, keine/n einzige/n Angesteckte/n, und wir hören bis jetzt nichts von gefällten Körpern durch das wandernde Ungeheuer. Immer wieder erwähnt mal jemand, wie viele Leute jedes Jahr an anderem sterben, zum Beispiel sich umbringen, eben. Ich persönlich habe aufgehört, über das Maß der Dinge im Zusammenhang mit erscheinenden Särgen nachzudenken. Manchmal frage ich Raphael am Telefon in Boston, wie es da denn so ist, und er und seine Frau haben beide Covid19-Tote zu beklagen. Es wäre immerhin interessant, kommt mir gerade so ohne tiefere Gangschaltungen, wenn ein gläubiger Mensch hier im Westen irgendwo einen Altar für die Göttin der Todesangst errichten würde. Dann könnten die Menschen, die das anspricht, dort hingehen und einen Kaffee trinken mit Butterkeksen auf dem Unterteller. Dort wäre es erlaubt, die Maske am Kinn herumbaumeln zu lassen, und die Abstandshinweise auf dem Boden wären nur für den Fall, dass einer vom Gesundheitsamt da herumschnüffelt. Aber das ist ganz unwahrscheinlich, denn jeder hat doch, wenn auch im Verborgenen, ein bisschen Gruseln oder ein wenig Respekt vor der Todesfurchtgöttin, nicht wahr?

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